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Rezension: Ich bin ein bisschen schüchtern

(Werbung/Rezensionsexemplar) Schüchterne Kinder gibt es in jeder Gruppe. Und eigentlich ist es völlig in Ordnung, wenn jemand zurückhaltend und etwas unsicher ist. Doch häufig werden solche Kinder zum Mutig-Sein aufgefordert und ermuntert. Das Bilderbuch „Ich bin ein bisschen schüchtern“ zeigt, dass es auch anders geht.

Inhalt des Bilderbuchs

Das Kätzchen Nora spielt gerne mit seinen Freunden Pauli Maus, Eddi Esel und Lollo Hund. Doch wenn auf einmal jemand neues dabei ist, ist es für sie gar nicht so einfach. In diesem Fall steht plötzlich der neue Nachbar Bill vor der Tür. Er kommt fröhlich dazu, ist laut und hat lauter Ideen. Das ist zu viel für Nora. Sie versteckt sich lieber. Gleichzeitig möchte sie gerne dabei sein und mit allen Kuchen essen, doch sie traut sich nicht. Aber scheinbar ist sie damit gar nicht alleine. Auch Eddi hat sich erst einmal verzogen. Zum Glück werden sie von den anderen in Ruhe gelassen, so dass sie irgendwann von ganz alleine dazu kommen können. Nun zeigt sich, was Nora für eine wunderbare Eigenschaft hat: Sie ist besonders aufmerksam.

Schüchtern nur in neuen Situationen?

Mir persönlich hätte es noch etwas besser gefallen, wenn die Thematik von „etwas oder jemanden Neuem begegnen“ abgegrenzt wäre. Schüchterne Kinder sind ja häufig auch dann erst mal zurückhaltend und weichen zurück, wenn sie z.B. die Großeltern sehen. Zumindest dann, wenn diese nicht direkt, um die Ecke wohnen und man sie nur alle paar Monate sieht. Es muss ja nicht zwangsläufig etwas neues sein. Auch in bekannten  Situationen reagieren sie in vielen Fällen zunächst eher abwartend. Aber klar ist natürlich auch, dass gerade unbekannte Menschen oder neue Situationen für schüchterne Kinder besonders schwierig sind. Deshalb ist die gewählte Szene letztendlich durchaus passend.

Am Anfang ist auch nicht ganz klar, worin genau Noras Schwierigkeiten liegen. Es stört sie ja etwas an Bills Verhalten. Er ist ihr zu laut und wirbelig. Das überfordert sie, was auch gut zu verstehen ist, hat ja aber nicht unbedingt etwas mit Schüchternheit zu tun. Selbst wenn ein Kind an jemand anderem nichts störend findet, so kann es sein, dass es sich zunächst nicht traut, etwas zu sagen und etwas mit ihm zu machen. Das kommt in dem Bilderbuch erst an späterer Stelle – Nora möchte gleichzeitig etwas und traut sich nicht.

Tolle Darstellung der Emotionen

Diese Emotionen wiederum kommen in dem Buch sehr schön heraus. Es sind genau die Gefühle, die ein schüchternes Kind immer und immer wieder hat. Es freut mich sehr, dass das so aufgegriffen wird, und dass Nora hier zu nichts gedrängt wird. Einmal wird kurz ihre Schüchternheit erklärt und Bill meint, daraufhin, dass sie doch gar nicht schüchtern sein müsse, aber ansonsten wird auf Aufmunterungs- und Mutmach-Sprüche verzichtet. Nora wird einfach in Ruhe gelassen und kommt dann irgendwann von selber. Wer selber schüchtern war oder es vielleicht auch als Erwachsener ist oder wer schüchterne Kinder hat, der weiß genau, das Drängen gar nichts bringt. Verständnis und Geduld sind das einzige, was helfen.

Gut gefällt mir auch, dass Nora nicht die einzige ist, die schüchtern ist. Häufig denkt man zwar, dass es nur einem selbst so geht, aber gerade wenn man dann erwachsen ist, hört man von so vielen, dass sie als Kind auch schüchtern waren. Schön, dass Nora das direkt in einer Situation erfährt, in der es ihr schwer fällt, sich auf jemanden Neues einzulassen.

Illustrationen

Die Tiere in dem Bilderbuch sind niedlich dargestellt und insbesondere das laute Wesen von Bill sowie Noras Unsicherheit kommen gut herüber.

Insgesamt ist „Ich bin ein bisschen schüchtern“ ein sehr schönes, liebevolles Bilderbuch zu der Thematik. Eins der wenigen, in denen es mal nicht darum geht, dass Kinder doch lernen können, mutig und selbstbewusst zu werden. Schüchterne Kinder sind eben schüchtern und das ist völlig okay so!

Ich bin ein bisschen schüchtern von Anna Böhm und Tim Warnes, Oetinger Verlag, ISBN: 978-3-7512-0282-4, 15 €

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