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Rezension: Abgeholt

(Rezensionsexemplar/Werbung) Wenn ein Kind in den Kindergarten geht, wird es in der Regel dort auch hingebracht und abgeholt. Anders als bei der Schule, bei der es Beginn und Ende einheitlich sind, sind die Bring- und Abholzeiten eine gewisse Zeitspanne. Es gibt also Kinder, die früher, und welche, die später abgeholt werden. Und dies wird von den Kindern alles registriert. Sie beobachten genau, wer da kommt, können nach wenigen Tagen Erwachsene und Kinder einander zu ordnen, und verkünden häufig lautstark, wer abgeholt wird. Da wird dann der Name und „Abgeholt!“ gerufen. So läuft es vermutlich in jedem Kindergarten ab.

Und genauso wird es auch in dem Bilderbuch „Abgeholt“ erzählt. Ich habe auf jeden Fall die Situation sofort wiedererkannt.

Bilderbuch “Abgeholt”

Im Bilderbuch rufen die Kinder jedes Mal laut „Abgeholt“, wenn jemand abgeholt wird. Nur bei Ben ruft es keiner, denn er ist stets der Letzte. Alle Kinder sind dann schon weg. Das findet er ziemlich blöd. Wobei, ist es wirklich besser, immer als Erstes weg zu sein? Aber natürlich merkt er, wie die anderen Erwachsenen gucken, wenn er mal wieder so lange im Kindergarten bleiben muss. Schließlich erzählt er mit viel Fantasie, warum sein Papa länger arbeitet. Da hören alle Kinder ganz gespannt zu und keiner möchte so schnell nach Hause.

Authentisch, fantasievoll, vielfältig

Wie auch alle anderen Bücher, die ich bisher von Johanna Lindemann kenne, hat mich dieses wieder voll überzeugt, und zwar aus vielerlei Gründen. Es erzählt einfach absolut authentisch die Abholsituation im Kindergarten. Dabei kommen gut die Gefühle eines Kindes heraus, das immer als Letztes abgeholt wird. Gleichzeitig geht es um eine liebevolle Papa-Kind-Beziehung und es zeigt nebenbei auf, das die Lebenssituationen von Familien unterschiedlich sind. Manche Kinder können von Oma und Mama zusammen abgeholt werden, andere leben nur bei einem Elternteil, das lange arbeiten muss und auf die Betreuungszeiten vom Kindergarten angewiesen ist.
Toll ist auch, wie Ben selbst die Situation am Ende positiv beeinflusst. Er kann nichts daran ändern, dass sein Papa arbeiten muss, aber er kann mit seiner spannenden Geschichte dafür sorgen, dass die anderen Kinder gerne lange mit ihm im Kindergarten bleiben, um ihm zuhören zu können.

Positiv fällt die Vielfalt der Figuren (sowohl Kinder als auch erwachsene Personen) bezüglich Hauttönen, Hilfsgeräten wie Hörgerät oder Brille oder auch Familienformen auf. Nichts davon wird an irgendeiner Stelle thematisiert. Man nimmt es über die Illustrationen oder den Text (z.B. „Eriks eine Mutter“) wahr. Überhaupt erzählen die Bilder neben dem Text die Geschichte ganz wunderbar. Sie sind voller Leben und Emotionen. Sie unterstützen das Textverständnis und lassen uns die Geschichte noch einmal auf eine andere Art und Weise erleben.

Meine Tochter möchte das Buch im Moment mehrfach täglich hören. Sie hat besonders viel Spaß daran jedes Mal mit „Abgeholt“ zu rufen. Sehr gerne wüsste ich, inwiefern sie die Fantasiegeschichte und die Metaphern darin, versteht. Letztendlich ist es aber egal, denn entscheidend ist, dass ihr das Buch gefällt. Und das tut es!

Persönliche Vorlieben

Ich persönlich kann ja die Form „Lisa, du bist abgeholt“ oder „Lisa ist abgeholt“, die in dem Buch verwendet wird, überhaupt nicht leiden. Das klingt für mich völlig falsch und ich würde immer „Lisa, du wirst abgeholt“, „Lisa wird abgeholt“ oder „Lisa ist abgeholt worden“ sagen. Die Kurzform „Abgeholt“ geht gerade noch so. Dahinter können ja verschiedene Sätze stecken. Ich muss aber zugeben, dass bei uns im Kindergarten auch die für mich unangenehm klingende Form sehr häufig verwendet wird. Das Buch nutzt eine gebräuchliche Form. Das ist soweit okay. Ich selbst verändere sie jedoch beim Vorlesen.

Fazit

Insgesamt kann ich das Buch „Abgeholt“ für alle Kindergarten-Kinder ab etwa 3 Jahren nur empfehlen.

Abgeholt von Johanna Lindemann und Mareike Ammersken, Carlsen Verlag, ISBN: 978-3-551-52187-3, 14 €

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