Leipziger Lesekompass: Krokodrillo
Ich habe euch neulich schon gesagt, dass ich Bilderbücher ohne Text grandios finde. Sie lassen viel Raum für Fantasie und sie bringen einen dazu eigene Worte zu finden, zu erzählen und zu betrachten.
Allerdings finde ich es als Erwachsene immer etwas schwer, mich auf die Sprache der Bilder einzulassen. Ein geschriebenes Wort führt mich sicherer durch ein Buch. Bei Bildern bin ich mir immer unsicher, ob ich alles richtig verstehe. Zum Glück geht es da Kindern, die selbst noch keinen Text entschlüsseln können, meist ganz anders. Sie sind nahe dran am Bild und schauen sich auch Bücher mit Text häufig alleine an. Auch hier müssen sie sich auf ihren Sehsinn verlassen. Und sie denken zum Glück auch noch nicht über richtige oder falsche Interpretationen nach. Ein Buch kann auf verschiedene Weise gelesen und verstanden werden!
Krokodrillo
Das Bilderbuch „Krokodrillo“ kommt auch ganz ohne Worte aus und erzählt dabei dennoch so viel. Es geht um ein Krokodil, das eine menschliche Morgenroutine erlebt: Der Wecker klingelt, man zieht sich an und es wird gefrühstückt und dann geht es zur Arbeit. Dabei begegnet das Krokodil zwar vielen Menschen, aber wie das so in einer großen Stadt ist, man begegnet sich, aber man sieht sich nicht wirklich. Alles bleibt anonym. Ein Krokodil unterwegs zur Arbeit fällt hier gar nicht auf. Auch ein paar andere Tiere sind unter den Menschen.
Ein lustiger Gag ist das Ende des Buches, das wiederum ein wenig zurück in die Realität führt. Ich möchte es an dieser Stelle nicht verraten, denn das würde den Effekt beim Anschauen wegnehmen.
Ein Buch zum mehrfachen Anschauen
Um den Witz und den Hintersinn dieses Buches wahrzunehmen, muss man es genau betrachten, am besten gleich mehrfach. Man muss sich Zeit für das Buch nehmen. Je nach Alter werden auch nicht alle Kinder schon den feinen Humor und jede Situation komplett wahrnehmen und auch das Ende wird von jüngeren Kindern nicht unbedingt direkt verstanden. Aber das macht nichts. Man kann an vielen Stellen gemeinsam überlegen, erzählen und vermuten.
Klasse finde ich es übrigens, dass es bei diesem Buch nicht einmal hinten auf der Rückseite einen Text zum Inhalt gibt. So kann man sich wirklich ganz ohne sprachliche Lenkung auf die Bilder dieses Buches einlassen.
Auszeichnung Leipziger Lesekompass
Das Buch „Krokodrillo“ wurde 2019 mit dem Leipziger Lesekompass in der Kategorie 2-6 Jahre ausgezeichnet. Der Preis zeichnet Bücher aus, die sich durch ihren Lesespaß und durch kreative Ansätze besonders gut zur Leseförderung eignen. Eine Übersicht aller Preisträger der Kategorie 2-6 Jahre findet ihr auf meiner Seite. Dort verlinke ich nach und nach auch die weiteren Rezensionen zu den preisgekrönten Büchern.
Krokodrillo von Giovanna Zoboli und Mariachiara di Giorgio, Bohem Verlag, ISBN: 978-3-95939-056-9, 16,95€