Rezension: Zwei Mamas für Oscar
Familie ist nicht gleich Vater, Mutter, Kind. Das ist eigentlich heute allen klar, aber thematisiert wird es erst so langsam in Bilder- und Kinderbüchern. Besonders schön ist es daher, dass der Ellermann Verlag nun ein Bilderbuch mit dem Titel „Zwei Mamas für Oscar – Wie aus einem Wunsch ein Wunder wird“ herausgebracht hat. Patchworkfamilien gibt es in Kinderbüchern ja immer häufiger, aber Familien mit gleichgeschlechtlichen Elternteilen sind noch eher selten.
Wieso hast du zwei Mamas?
Die Frage, die auch zu Beginn des Buches aufkommt, ist sicherlich eine ganz normale Kinderfrage: „Wieso hast du eigentlich noch mal zwei Mamas, Oscar?“ Es wird wahrgenommen, dass bei Oscar etwas anders ist als bei anderen Kindern und da fragt man eben einfach mal nach. Und die Frage wird dann ganz kindgerecht beantwortet: Bine und Lina lieben sich und sie haben sich sehr nach einer richtigen Familie mit Kind gesehnt, aber sie konnten einfach kein Kind bekommen, egal wie sehr sie es sich gewünscht haben. Bis sie Hans getroffen haben und der ihnen Samen geschenkt hat, so dass dann doch in Linas Bauch ein Baby herangewachsen ist. Was für ein Wunder! Und was für ein Glück, dass Bine und Lina am Ende ihr Sehnsuchtskind im Arm halten können.
Kinder nehmen Vielfalt vorurteilsfrei auf
Kinder lesen dieses Buch erst einmal wie jedes andere Bilderbuch auch. Ich habe nicht das Gefühl, dass insbesondere mein kleiner Sohn in diesem Buch eine besondere Thematik wahrnimmt. Das Erzählte ist für sie nichts Besonderes. Sie nehmen es so hin und es baut sich in ihren Köpfen ein Weltbild auf, in denen Vielfalt dazugehört.
Mir persönlich fehlten in der Geschichte Erklärungen, aber ich glaube, dass das die erwachsene Herangehensweise ist. Im Text wird zum Beispiel nicht gesagt, warum zwei Frauen denn kein Kind einfach so bekommen können und warum das so schwierig ist. Auch würde ich mir die Frage stellen, was denn mit dem Mann ist, der den Samen geschenkt hat, also inwiefern er eine Rolle in Oscars Leben einnimmt.
Inklusive Aufklärungsseite
Sehr gut fand ich in dieser Hinsicht, die Aufklärungsseite im Anschluss an die Geschichte, in der man darüber informiert wird, wie ein Baby wirklich gemacht wird und wie eine Samenspende funktioniert. Für jüngere Kinder ist diese Seite jedoch noch gar nicht unbedingt von großem Interesse. Das muss man dann individuell sehen.
In Bezug auf die fehlenden Erklärungen in der Geschichte muss ich sagen, dass sie bei Kindern scheinbar nicht aufkommen. Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht einfach der große Kinderwunsch von Bine und Lina und die Erfüllung dieses Wunsches mit Hilfe eines Freundes.
Ich habe allerdings auch gemerkt, dass mein 3 ½-jähriger Sohn noch nicht alles verstanden hat. Für ihn war die bildliche Illustration des Wunsches, der nicht in Erfüllung gegangen ist, verwirrend. Er sah darin einen Affen oder ein Monster und wusste nicht, warum es auf den Seiten zu sehen war.
Vielfalt – auch in den Bildern
Die Illustrationen an sich sind klasse – bunt und lebensfroh. Die Buchseiten werden von spannenden Figuren belebt, die eben einfach aus dem ganz normalen Leben stammen und auch mal eine Tätowierung haben oder nicht gertenschlank daher kommen.
Toll wäre es, wenn ein solches Buch, genauso wie Bücher über zwei Papas, über Adoptions- und Pflegekinder und weitere Bücher über bunte und traditionelle Familien, Eingang in Kindergärten findet. So kann den Kindern von Anfang an Vielfalt gezeigt und als etwas Normales vermittelt werden. Das Buch ist natürlich auch toll für Kinder, die zwei Mamas haben, denn dies ist ja schon eine besondere Familie und Kinder fühlen sich oft bestätigt, wenn sie merken, dass es auch andere Kinder gibt, die ähnlich aufwachsen. Vor allem wird in dem Buch ja auch der Wunsch nach einem Kind sehr deutlich. Es geht um ein richtiges Wunschkind. Grundsätzlich finde ich das Buch sehr schön für alle Kinder, einfach um aufzuzeigen, dass es eben verschiedene Familien gibt. Deswegen wäre es auch schön, wenn das Buch in Kindergärten den Kindern zur Verfügung gestellt werden würden. Denn ansonsten erreicht es vermutlich nur die Kinder, in deren Familien sowieso schon offen über verschiedene Familienmodelle gesprochen wird.
Zwei Mamas für Oscar – Wie aus einem Wunsch ein Wunder wird von Susanne Scheerer und Annabelle von Sperber, Ellermann Verlag, ISBN: 978-3-7707-0084-4, 15€
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.