Für Erstleser: Die Silbenfibel
Ein beliebtes Geschenk zur Einschulung sind Bücher. Ja, auch ich verschenke zu diesem Anlass gerne Bücher, allerdings bewusst keine Erstlesebücher. Dabei wäre das doch das Naheliegendste, oder?
Sicherlich kann ein solches Buch die Motivation lesen zu lernen wecken, aber es kann auch falsche Erwartungen aufbauen. Schnell vergisst man, dass es durchaus eine Weile dauert, bis man lesen gelernt hat. Nur weil jemand eine ERSTklässlerin oder ein ERSTklässler ist, kann dieses Kind nicht automatisch auch ERSTlesebücher lesen. Im Übrigen ist dabei zu bedenken, dass Erstlesebuch nicht gleich Erstlesebuch ist. Neben den Büchern mit wirklich wenigen, kurzen Sätzen gibt es auch sogenannte Erstlesebücher mit mehr Inhalt, die sich an „geübte Erstleser“ wenden.
Lesenlernen ist ein langer Prozess
Bleiben wir bei den Erstlesebüchern mit wenig Text. Die sind doch toll für den Anfang, oder? Ja, wenn ein Kind ganze Sätze lesen und verstehen kann, dann sind diese Bücher wirklich prima (und es gibt mittlerweile auch wirklich gute Bücher in dieser Kategorie). Aber auch wenn einige Kinder bereits zu den ersten Herbstferien oder Weihnachten lesen können, so ist dies nicht grundsätzlich der Fall. Ein Kind, das ganz normalen Unterricht hatte und die geforderten Aufgaben erledigt hat, hat nach einem halben Schuljahr (je nach Lehrmethode) noch nicht zwangsläufig alle Laute geübt. Es kann also z.B. noch nicht unbedingt Laute wie „ch“, „sp“ und „st“. Einen Satz wie „Lisa malt Oma“ könnte es also lesen, einen wie „Ich springe hoch“ jedoch noch nicht.
Jetzt würde man vielleicht trotzdem zu Hause schon einmal ganz gerne mit dem gemeinsamen Lesen beginnen. Grundsätzlich finde ich ja die „Lies mal“-Hefte sehr gut zum Lesen üben, allerdings handelt es sich hier bei wirklich ums Üben. Das heißt, es gibt Übungen, bei denen man Bilder und Wörter verbinden muss, oder bei denen man etwas anmalt. Das kann man jetzt nicht so gut machen, wenn sich gemütlich aufs Sofa kuschelt um gemeinsam zu lesen.
Silbenfibel “ABC der Tiere”
Ich habe nun für uns herausgefunden, dass in diesem Fall eine Lesefibel super ist. Wir haben die Silbenfibel „ABC der Tiere“ aus dem Mildenberger Verlag. Bei einer Silbenfibel sind die einzelnen Silben in unterschiedlichen Farben geschrieben. Das ist gerade für Leseanfänger, die noch nicht ein ganzes Wort überblicken können, sehr hilfreich, denn so wissen sie, welche Buchstaben zusammengehören und wo man eine Pause machen kann. Es gibt übrigens auch Erstlesebücher mit Silbenschreibweise.
Die Silbenfibel beginnt sehr einfach mit einzelnen Silben wie „mi ma mo mu me“. Bald darauf folgen dann kurze darauf aufbauende Sätze, bei denen einzelne Wörter noch durch Bilder ersetzt werden. Von Seite zu Seite kommen neue Laute und Buchstabenkombinationen hinzu.
Wichtig: Positives Erlebnis
Wir haben wirklich mit den ganz einfachen Seiten begonnen, um das Buch mit einem guten Gefühl schließen zu können. So hat das Kind das Gefühl, dass es schon etwas gut kann. Außerdem festigen sich die Silben und später fällt es dem Kind dann leichter diese in Wörtern schnell zu erfassen. Wir sprechen auch über die Bilder und den Text, um eine möglichst angenehme, gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Manchmal möchte das Kind an mehreren Tagen die gleichen, leichten Seiten lesen. Manchmal lesen wir die Silben abwechselnd, weil dem Kind es sonst zu viel erscheint, und manchmal lesen wir den Text zusammen laut, so dass das Kind beim Lesen eine Unterstützung hat. Das wäre von seinen Fähigkeiten alles nicht nötig, dennoch lasse ich mich darauf ein, denn das Ganze soll ein positives Erlebnis sein und keine konfliktgeladene Situation. Hauptsache wir bleiben jeden Tag dran. Der Rest ergibt sich dann von alleine.
Lesehefte “Lesestart mit Eberhard”
Aus dem gleichen Verlag gibt es auch die Reihe „Lesestart mit Eberhard“. Das sind kleine Heftchen, die sich jeweils einem Thema widmen. Auf den Seiten sind große Fotos zu sehen und darunter ist dann jeweils ein kurzer Satz zu lesen, ebenfalls in verschiedenfarbigen Silben. Hier gibt es z.B. Hefte mit dem Titel „Mein Hund Oskar“, „Die Katze Sisi“, „Im Streichelzoo“ oder „Wir toben!“ Natürlich erliest man sich hier keine super spannenden Geschichten, aber man hat am Ende ein ganzes „Buch“ geschafft, was durchaus sehr motivierend sein kann. Meine Erfahrung ist tatsächlich, dass die Kinder diese Hefte gerne mögen. Vielleicht sprechen sie auch die Fotos an, insbesondere wenn hier Tiere gezeigt werden. Für Kinder, die vor einem Erstlesebuch noch zurückschrecken, oder die ein solches Buch noch überfordern würde, sind diese Hefte hilfreich.
Wenn Kinder lesen können, würde ich ihnen natürlich auch Erstlesebücher und Kindercomics anbieten, insbesondere wenn sich dort dann spannende Geschichten verbergen. Aber für manche Kinder ist dieser Schritt recht groß und da sind Lesefibel und Leseheftchen ein guter Schritt auf dem Weg dorthin.
ABC der Tiere – Die Silbenfibel, herausgegeben von Klaus Kuhn, erarbeitet von Klaus Kuhn und Kerstin Mrowka-Nienstedt, Mildenberger Verlag, ISBN: 978-3-619-14509-6, 16,50 €
Lesestart mit Eberhard – Lesen lernen mit Silben, Mildenberger Verlag, verschiedene Hefte in unterschiedlichen Lesestufen