Rezension: Als mein Bruder ein Wal wurde
Ist Wachkoma ein Thema für ein Kinderbuch? Ja, denn auch Kinder können mit diesem Thema konfrontiert werden. Aber ist dieses Thema nicht zu bedrückend für Kinder? In dem Buch „Als mein Bruder ein Wal wurde“ zumindest nicht.
Auch dieses Buch beginnt sehr traurig. Belas Bruder Julius wird von einem LKW erfasst und liegt in Folge dieses Unfalls im Wachkoma. Seine Familie muss lernen damit umzugehen, was gar nicht so einfach ist. Als es darum geht eine Entscheidung zu treffen, driften die Meinungen, was gesehen soll und was Julius wohl selbst wollen würde auseinander und Bela hat Angst, dass seine Familie auseinander bricht. Auch er macht sich Gedanken um Julius und möchte wissen, was denn nun richtig ist. Seine Freundin Martha meint, dass bestimmt der Papst als Vertreter Gottes die richtige Antwort weiß. Also machen sich die beiden heimlich auf den Weg nach Rom.
Auf der Suche nach Antworten
In dem Buch dreht sich vieles um Julius und das Wachkoma. Leben und Tod sind durchgehend präsent, aber dennoch ist dies kein durchgehend trauriges Buch. Es ist ein Buch, das viele Fragen stellt und zum Nachdenken anregt. Und es ist ein Buch, das man irgendwie verschlingt. Man ist gespannt, welche Antwort die Kinder auf diese Frage finden werden, denn man selbst wüsste auch gerne eine Antwort darauf.
Einfühlsam und spannend
Alles ist sehr einfühlsam und authentisch geschrieben. Das Thema wird behutsam behandelt. Und auch wenn sich vieles um dieses Thema dreht, so hat man gleichzeitig das Gefühl ein spannendes und abenteuerliches Buch zu lesen. Die Reise der Kinder hält einige Abenteuer und aufregende Momente bereit. Außerdem sind Bela und Martha interessante Figuren und man lernt sie auf der Reise gerne näher kennen. Manchmal nervt einen Martha in ihrer direkten Art und man würde sich wünschen, dass sie Bela gegenüber etwas einfühlsamer wäre, aber andererseits ist es auch erfrischend, dass jemand einfach das sagt, was er denkt. Davor drücken sich ansonsten bereits genug Menschen, allen voran die Erwachsenen.
Sehr schön und anschaulich ist auch der Vergleich mit dem Wal, der abgeschnitten von der übrigen Welt durch den tiefen Ozean gleitet und nur gelegentlich an die Oberfläche kommt.
Zum Glück gibt es kein unrealistisches Happy End. Das hätte mich wirklich gestört. Dennoch ist es aber auch kein trauriges Ende, sondern man kann es vielleicht als zuversichtlich beschreiben.
Aus der Sicht eines Jungen
Wirklich gut gefällt mir, dass das Buch aus der Sicht von einem Jungen geschrieben wurde. Häufig werden emotionale Themen eher mit weiblichen Figuren besetzt. Schön, dass es hier anders ist, denn Emotionen und Gedanken zum Leben sind menschlich und nicht einem bestimmten Geschlecht zugeordnet.
Das Cover finde ich wunderschön und sehr ansprechend. Ich bin mir allerdings nicht so sicher, wie es bei Jungs der Zielgruppe ankommt. Mein Sohn findet es schön, aber er ist auch noch ein bisschen jünger als die Kinder, die dieses Buch in erster Linie erreichen möchte.
Insgesamt kann ich „Als mein Bruder ein Wal wurde“ nur weiter empfehlen. Es ist ein Buch für Kinder ab 10 Jahren, aber ich glaube, ich kann es auch schon mit meinem Sohn (7 ½) lesen. Ich freue mich jedenfalls darauf, es mit ihm zu lesen und ich bin gespannt, was er dazu sagt.
Als mein Bruder ein Wal wurde von Nina Weger, Oetinger Verlag, ISBN: 978-3-7891-0963-8, 14€