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Ein typisches Kinderbuchthema: Freundschaften in der Nachbarschaft

Es gibt Inhalte in Kinderbüchern, die immer wieder, wenn sie gut erzählt werden, gut ankommen. Dazu gehört die Freundschaft von Kindern, die in einer Straße wohnen und gemeinsam eine Menge erleben. Ein bekanntes Beispiel für diese Art von Geschichten sind natürlich „Die Kinder aus Bullerbü“ von Astrid Lindgren. Eigentlich passiert hier nicht viel. Es werden nur die Erlebnisse der Kinder von den drei Bullerbü-Höfen im Verlauf des Jahres erzählt. Ähnlich ist dies bei den Kindern aus dem Möwenweg von Kirsten Boie und nun auch bei den Kindern aus dem Holunderweg. Alles letztendlich nichts neues, aber dennoch machen diese Bücher immer wieder viel Spaß. Warum? Weil es eben nah dran ist am Erleben der Kinder, weil viel aus ihrem Alltag erzählt wird bzw. weil man sich so ein Kinderleben einfach erträumt und gerne davon liest. „Die Kinder aus Bullerbü“ sind auch heute noch schön zu lesen und man bekommt durch diese Bücher einen verklärten Eindruck von Schweden und einer wunderbaren Kindheit, die es auf diese Art und Weise natürlich nicht (mehr) gibt. Von daher ist es gut, dass es auch Bücher gibt, die in einer ähnlichen Erzählstruktur näher an der heutigen Wirklichkeit dran sind. Ganz aktuell und auch noch jahreszeitlich passend ist das Buch „Herbst im Holunderweg“. Hier dürfen wir die Kinder Ida, Lennart, Ella, Malte und Bruno (und Klein-Olli und Lilly) durch den Herbst begleiten. Ich muss zugeben, dass es mir zunächst nicht so leicht fiel, die Kinder auseinander zu halten und in ihrer Art wieder zu erkennen, aber da muss man sich dann einfach einlesen. Ich glaube auch, dass Bücherwürmchen da tatsächlich schneller einen Durchblick hatte als ich. Jedenfalls ist diesem Buch deutlich anzumerken, dass es in einer anderen Zeit und an einem anderen Ort als die Bullerbü-Bücher spielt: Auch wenn die Freunde alle aus Deutschland kommen, so spielen auch Menschen aus anderen Kulturen in dem Buch eine Rolle, um die Ecke gibt es einen Tätowierladen, im Fernsehen läuft der Tatort, Klein-Ollis Eltern leben getrennt voneinander, die Familien leben in Wohnungen eines Hauses und Altglas- und Papiercontainer gehören ebenfalls in diese Welt wie Baustellenlärm, aber dennoch wird auch hier eine tolle Kindheit geschildert. Eine Kindheit, die zwar nicht unberührt von traurigeren Momenten wie der Tod eines Haustiers einer Bekannten oder der Liebeskummer der Tante bleibt, in der Kinder aber all das erleben dürfen, was im Herbst zu einer Kindheit einfach dazugehört: Martinsumzug, Kastanien sammeln, sich um einen Igel kümmern, Gruselgeschichten erzählen, Drachen steigen lassen und einiges mehr. Letztendlich wird auch hier nur vom Alltag einiger Kinder erzählt, wobei es durchaus auch spannendere Momente gibt, so dass man die Geschichten nicht unbedingt kleineren Kindern abends vorlesen sollte, zumindest dann nicht, wenn man es nicht bis zum guten Ende der Geschichten schafft, denn ansonsten könnte die Geschichte vom kopflosen Edgar, die sich die Kinder im Buch erzählen für den einen oder anderen unruhigen Schlaf sorgen.
Die Kinder in dem Buch sind sehr erfrischend und aufgeweckt, verhalten sich aber auf jeden Fall typisch für Kinder, so dass es viel Spaß macht dieses Buch zu lesen. So nach und nach kann man dann auch bestimmte Eigenschaften den einzelnen Kindern zuordnen. Der Erzählstil ist flott und flüssig. Langeweile kommt nicht auf und man ist immer wieder gespannt darauf, wie eine Geschichte enden und wie sich ein Ereignis weiter entwickeln wird bzw. was für eine Wende alles nimmt. Lassen sich die Regenwürmer auf dem Hofflohmarkt tatsächlich verkaufen? Welche Geräusche hören die Kinder nachts? Können die Kinder durch eine Demonstration verhindern, dass die Ahornbäume gefällt werden?
In den Geschichten steckt zwar viel Alltag drin, aber es ist dennoch immer viel los. Das Erleben von Kindern wird hier sehr gut aufbereitet.
Gut gefällt mir auch, dass das Buch bunt illustriert ist, allerdings finde ich die Verteilung der Illustrationen nicht ganz so geglückt. Während manchmal von Seite zu Seite bunte Bilder zu sehen sind, gibt es dann auch wieder Teile, bei denen man eine ganze Weile blättern muss bis man zum nächsten Bild kommt. Aber da es sich um ein Kinderbuch und nicht um ein Bilderbuch handelt, ist dies letztendlich natürlich in Ordnung so. Ich war aber nach den ersten recht reichlich illustrierten Seiten ein wenig verwundert, dass im dritten Kapitel dann auf einmal drei Doppelseiten ausschließlich mit Text bedruckt waren.
Richtig erstaunlich finde ich es, was Bücherwürmchen alles aus so einem Buch mitnimmt. So ganz ist es eigentlich noch nichts für sein Alter. Eigentlich ist es mehr etwas für Schulkinder, also für Kinder, die in einem ähnlichen Alter wie die Freunde aus diesem Buch sind, aber dennoch hat sich Bücherwürmchen die Geschichten gerne vorlesen lassen und er hat erstaunlich viel von ihnen behalten und über einiges auch nach der Lektüre noch nachgedacht. Die ganzen Einzelheiten habe ich teilweise kaum wahrgenommen. So sagte er auf einmal, dass er mehr redet als ein Radio. Wir haben ihn ganz verwundert angeschaut und ihn gefragt, woher er denn diesen Satz hat. „Na, aus dem Buch mit den Kindern aus dem Holunderweg.“ Und wer redet da mehr als ein Radio? „Dieses Kind, das den ganzen Tag redet, das gerade sprechen gelernt hat.“ Okay… Stimmt… Wusste ich aber schon gar nicht mehr. Außerdem wollte Bücherwürmchen auf einmal wissen, was ein Einzelkind und was ein Erdgeschoss ist. In diesen Fällen wusste ich aber direkt, dass es Wörter aus diesem Buch waren, die er scheinbar behalten hat und die ihn irgendwie beschäftigt haben.
Ich kann „Herbst im Holunderweg“ nur empfehlen. Es ist ein schönes Buch, welches man auch toll vorlesen kann – am besten dann, wenn es draußen ein wenig herbstlich ist und drinnen das Feuer im Kamin brennt. Dann wird aus diesem Buch ein richtiges Vorleseereignis für die ganze Familie.

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Herbst im Holunderweg von Martina Baumbach, Gabriel Verlag, ISBN: 978-3-522-30403-0, 12,99€

3 Gedanken zu „Ein typisches Kinderbuchthema: Freundschaften in der Nachbarschaft

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