Möchte ich professionelle Rezensionen schreiben?
Sehr interessiert habe ich in den letzten Tagen Beiträge zum Thema „Literaturkritiker im Feuilleton versus Laienkritiker im Buchblog“ verfolgt. Nachdem Caterina Kirsten im Börsenblatt dazu einen Artikel veröffentlich hat, haben sich auch einige Blogger dazu geäußert, u.a. wird im Blog Geschichtenagentin dem Artikel im Großen und Ganzen zugestimmt, während man auf Kinderbibliothek eine andere Einstellung zu der Arbeit auf einem Buchblog lesen kann. Zunächst einmal habe ich all diese Artikel einfach mit großem Interesse gelesen. Ehrlich gesagt habe ich mir bisher noch keine großen Gedanken darüber gemacht, inwiefern man sich als Buchbloggerin von Journalisten unterscheidet und inwiefern man von außen wahrgenommen wird. Ich habe einfach gebloggt, weil es mir Spaß macht und weil ich meine Buchleidenschaft gerne mit anderen teilen bzw. anderen hilfreiche Tipps an die Hand geben möchte. Über eine Betitelung als Literaturkritiker oder Laienkritiker habe ich bisher nicht nachgedacht. Dennoch habe ich die Artikel zu diesem Thema neugierig gelesen und mir dabei so nach und nach auch immer mehr überlegt, wo und wie ich mich selbst einordnen würde bzw. wo ich mich gerne sehen würde. Und das ist gar nicht so einfach.
Ich habe schon für verschiedene Medien Rezensionen geschrieben und dabei durchaus darauf geachtet bestimmte Kriterien zu erfüllen: In der Rezension sollte etwas über den Inhalt des Buches stehen und sie sollte die Meinung des Kritikers kundtun, wobei diese Meinung stets nachvollziehbar sein muss. Sowohl auf die Illustrationen als auch auf den Text bin ich eingegangen, ich habe das Buch hinsichtlich der Zielgruppe und seiner Einsatzfähigkeit beurteilt und einiges mehr. Die Texte habe ich dabei weitestgehend objektiv formuliert.
Nun habe ich meinen eigenen Blog und da möchte ich das alles ein wenig anders machen. Ich möchte mich als Leserin und Mutter direkt an andere Eltern, ErzieherInnen, Großeltern etc. wenden. Ich möchte ihnen von meinen Eindrücken und Erfahrungen zu bestimmten Büchern berichten. Ja, ich möchte ganz subjektiv von meinen Leseerlebnissen erzählen und dabei Buchtipps geben und dabei darf und soll eine persönliche Note in die Texte mit einfließen. Sehe ich mich deshalb nun als Laienkritikerin? Gewissermaßen sicherlich, denn meine Texte auf dem Blog sind nicht wissenschaftlich geschrieben. Ich schreibe persönlich, lasse auch an manchen Stellen einige umgangssprachliche Ausdrücke zu, erzähle Dinge aus meinem Alltag und schreibe einfach aus dem Bauch heraus. Andererseits bleiben manche Texte auch nüchtern und ich schaffe es nicht mich von einer distanzierten Sicht auf das Buch zu lösen. Bestimmte Kriterien finden auch in meinen persönlicheren Texten Berücksichtigung. Ich lasse meine wissenschaftlichen, objektiven Kriterien nicht aus dem Blick, orientiere mich durchaus an Literaturkritikern. So ist in meinen Texten immer etwas sowohl zum Inhalt als auch zu meiner Meinung zu lesen. Teilweise vergleiche ich Bücher mit ähnlichen mir bekannten Werken. Die Zielgruppe verliere ich nie aus den Augen und ab und zu fließt auch mein Wissen aus meinem Lehramtsstudium und den dort besuchten Seminaren zum Thema Kinderliteratur in meine Texte mit ein. Selbstverständlich begründe ich auch auf meinem Blog meine Meinung stets, so dass klar ist, warum ich ein Buch wie einordne. Eine Literaturkritikerin bin ich gewiss nicht. Das Bloggen ist ein Hobby von mir, von daher ist der Begriff „Laienkritiker“ sicherlich nicht falsch, aber komplett laienhaft gehe ich dennoch nicht vor. Manchmal wünschte ich mir, etwas laienhafter zu sein und es mir selbst zu zu lassen, freier und unabhängiger zu schreiben und mich nicht von Kriterien einengen zu lassen…
Das Wort “Laienkritiker” finde ich ganz schrecklich und es passt auch überhaupt nicht zu dem, was Buchblogger machen. Den größten Unterschied macht in meinen Augen das Medium, ansonsten kann wohl auch eine klassische Literaturkritik laienhaft sein, wenn sie schlecht geschrieben ist, und – positiv formuliert- kann eine Rezension auf einem Buchblog natürlich professionell geschrieben sein.
Elke Heidenreich hat gerade in der NDR-Talkshow von ihrem Musikergatten erzählt, der mit zwei verschiedenen Schuhen vor ihr stand. Als sie ihn darauf hinwies, sagte er nur: “Wieso, ist das wichtig?”
Die “Diskussion” rund um die “Laienkritiker” jeglicher Art (Kunst, Literatur, Mode, Abgrenzung zwischen Journalisten und Blogger) kenne und verfolge ich schon länger. Ich musste beim Lesen an den Artikel “Jeder spielt Reich-Ranicki” (Zeit 2009) denken, wo bereits in den einleitenden Worten so treffend “Dann kam das Radio, und mancher befürchtete ein Meinungschaos, das die Gesellschaft erschüttern werde.” steht.
Es stellt sich hier sofort die Frage – wie definiere ich einen Literaturkritiker ? Was ist ein Laienkritiker ? Ich schwenke jetzt wieder zur Kunst – zuletzt diskutiert im Privatissimum – gibt es noch Kunstkritiker – so richtige Kaliber ? Eine wirklich spannende Frage ? Nur weil jemand in der FAZ, Börsenblatt, NZZ oder sonst wo eine Kritik schreibt, ist er dann ein Literatur- oder Kunstkritiker ? So manche “Kritik” (das schreibe ich jetzt bewusst mit ” “) aus so mancher Zeitschrift, habe ich auch nicht gerade als literarischen, wissenschaftlichen oder sonstigen Hochgenuss wahrgenommen oder in Erinnerung.
Mir gefällt an den Blogs folgendes:
1.) persönliche Meinung
2.) Orientierung an der Zielgruppe (Kinder etc.)
3.) Zeitnahe Reaktionen sind möglich (Blogger sind hier oft deutlich schneller als so manche Zeitschrift und schon oft tauchte dann so manche Diskussion, die in Blogs schon seit Tagen oder Wochen läuft, dann in den Medien auf – wo man sich dann wirklich denkt – ah, auch schon mitbekommen, Wahnsinn 😉 … )
4.) Verständlichkeit vs Komplexität
Zurück zur Kritik – aufgrund der Diskussion bezüglich Kunstkritiker – möchte ich in den nächsten Wochen – mich dazu auch einmal auf dem Blog äußern. Finde daher deine und alle anderen Beiträge dazu sehr spannend.
So professionell finde ich die Szene nicht – weder die Buchblogger noch die “etablierten Kritiker” – denn ich sehe bei beidem Defizite. Als Leser verstehe ich die pseudo-intelektuellen Texte der Kritiker meistens nicht, weil man denkt, dass etwas nur besser wird, wenn man es kompliziert ausdrückt. Außerdem geht der Text meistens in eine bestimmte Richtung – mir fehlt oft das Abwägen. Bei Buchbloggern ist die Frequenz sehr hoch und inmitten der ganzen Challenges frage ich mich, wieviel eigene Meinung noch da ist. Blogger haben meistens viel Ahnung vom Genre und das ist cool.
Aber ich denke, sie haben ihr Potential noch nicht ausgeschöpft. Denn besonders beim Thema “eigene Meinung” gibt es vieles, was man tun kann – Musik einbinden, von Erlebnissen erzählen….
Ahnlich wie Geschichtenagentin finde ich das Wort “Mut” wichtig – Mut, seine Gedanken zu äußern und einzukalkulieren, dass man falsch liegt.
Literaturblogger haben die Möglichkeit, Bücher abseits der vorherrschenden Meinung zu betrachten – das sollte man nutzen!
Ich sehe die Beiträge auf meinem Blog als “von Lesern für Leser”, also auf Augenhöhe mit der “Kundschaft”, um es mal so auszudrücken. Ich lese, bilde mir meine Meinung und setze sie in einen Text um. Sehr gerne habe ich es, wenn sich ein Austausch daraus entwickelt, quasi ein schriftlicher Austausch unter Gleichgesinnten und dafür muss man keinen hochtrabenden Anforderungen genügen.
Aber das sieht vielleicht jeder anders und jeder Blogger schreibt unter anderen (persönlichen) Maßgaben.
Der Punkt, sich über seine eigene Positionierung Gedanken zu machen und sich am Ende zu entscheiden, kommt auf Deinem Weg gut heraus. Der Rest ergibt sich daraus.
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