ab 10 JahrenMimikrySchreibwerkstatt

Mimikry in der Schreibwerkstatt

Die Schreibwerkstatt mit den Jugendlichen macht weiterhin sehr viel Spaß. Wir haben uns mittlerweile mehrere Male gesprochen, wobei verschiedene Texte verfasst wurden. Und wir haben gespielt. Ja, wir haben Mimikry gespielt. Kennt ihr das Spiel noch? Ich habe es vor einiger Zeit mal mit ein paar anderen Bloggern gespielt, aber nun durften die Jugendlichen den Anfang eines Buches fälschen. Ich habe ihnen den Klappentext von „Wunder“ sowie den ersten Satz des Buches vorgelesen. Alle Teilnehmer haben nun den ersten Absatz des Buches geschrieben. Ihre Vorschläge findet ihr hier genauso wie den originalen Beginn des Buches.

Und nun sind wir gespannt, ob ihr herausfindet, welche Fortsetzung die richtige ist. Oder hat es vielleicht einer der Jugendlichen geschafft, den Anfang besonders gut zu „fälschen“? Wir fanden es jedenfalls sehr schwer, die richtige Lösung herauszufinden! Aber nun wünschen wir euch viel Spaß und hoffen, dass ihr euren Tipp in die Kommentare schreibt (einfach die Nummer des Vorschlags aufschreiben). Die Lösung findet ihr nun unter den Vorschlägen!

Das Buch

Wunder von Raquel J. Palacio, Hanser Verlag, ISBN: 978-3-446-24175-6

Klappentext:

August ist zehn Jahre alt und lebt mit seinen Eltern uns seiner großen Schwester Via in New York. Weil er seit seiner Geburt so oft am Gesicht operiert werden musste, ist er noch nie auf eine richtige Schule gegangen. Aber jetzt soll er in die fünfte Klasse kommen. August ist es gewöhnt, angestarrt zuwerden, und er weiß, dass die meisten Schüler nicht absichtlich gemein zu ihm sind. Sie sind bloß verunsichert. Natürlich ist es sein sehnlichster Wunsch, nicht weiter aufzufallen, ein ganz normaler Junge zu sein, Freunde zu finden. Doch nicht aufzufallen ist nicht leicht, wenn man so viel Mut und Kraft besitzt, so witzig, klug und großzügig ist wie August.

Vorschlag 1

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Ich weiß, dass ich anders bin, anders aussehe, vielleicht auch anders denke als Kinder in meinem Alter. Vielleicht bin ich durch meine vielen Stürze, Hürden und Ängste, die ich in meinem Leben bereits hatte, reifer, weiter im Leben als andere Kinder. Vielleicht denke ich über Dinge nach, über die man in meinem Alter eigentlich noch nicht nachdenkt. Es liegt vielleicht an meinem Gesicht mit den Narben. Mit Narben, die mich jeden Morgen im Bad an die schrecklichen Ereignisse aus meiner Vergangenheit erinnern. Jede von ihnen erzählt mir die Geschichte erneut, die ich bereits erlebt habe.

Vorschlag 2

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Ich weiß, dass ich es nicht einfach habe. Ich weiß, dass die meisten anderen Kinder nur eingeschüchtert sind. Ich weiß, dass meine Eltern mich trotzdem lieben. Ich weiß, dass ich neue Freunde finden kann, wenn ich meinen ganzen Mut, meine Kraft und meinen Sinn für Humor zusammennehme. Das alles wusste ich vor meinem ersten Tag auf meiner ersten Schule.

Vorschlag 3

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Denn ich bin August. August ist doch ein normaler Kindername für ein ganz normales Kind. Doch bin ich nicht normal. Um ehrlich zu sein bin ich ein Wrack mit einem vernarbten, kranken Gesicht. Das ist auch der Grund, warum mich alle so blöd angucken. Warum ich nicht ein normales Kind bin. Warum musste mir dieses Schicksal zu eilen? Vielleicht kann ich nichts dafür, vielleicht war es aber auch nur ein Zufall, ein Unfall, ein Wunder.

Vorschlag 4

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Aber warum bin ich es nicht? Warum habe ausgerechnet ich diese blöde Behinderung? Was ist mit mir los? Das denkt August immer, wenn er abends im Bett liegt oder in der Schulpause auf der Bank sitzt. Er seufzt und streicht über die Buchseiten und das Buch, das gerade vor ihm liegt. Warum bin ich nicht wie jeder andere?

Vorschlag 5

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Jeden Tag werde ich daran erinnert. Wenn ich morgens aufstehe und in den Spiegel schaue oder an den Blicken der Leute, denen ich auf der Straße begegne. Wie sie mich erschreckt ansehen und dann ganz schnell wieder weg oder mich mit einem gefälschten Lächeln ermutigen wollen. Als ob ihr Mitleid mir irgendwie helfen würde. Und doch erheitert es mich jedes Mal, diese peinliche Berührtheit und ich bin dankbar, dass sie wenigstens versuchen mir das Gefühl zu geben, in ihrer Mitte willkommen zu sein.

Vorschlag 6

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Ich meine, klar, ich mache normale Sachen. Ich esse Eis. Ich fahre Fahrrad. Ich spiele Ball. Ich habe eine Xbox. Solche Sachen machen mich normal. Nehme ich an. Und ich fühle mich normal. Innerlich. Aber ich weiß, dass normale Kinder nicht andere Kinder dazu bringen, schreiend vom Spielplatz wegzulaufen. Ich weiß, normale Kinder werden nicht angestarrt, egal wo sie hingehen.

Vorschlag 7

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin, doch ich möchte es sehr, sehr gerne. Leute, die mich sehen, gucken erstmal mitleidig, doch das will ich gar nicht. Ich  möchte ein normales Leben führen. Freunde finden, Spaß haben, normal sein. Nicht auffallen. Vielleicht klappt das mit einem neuen Schulanfang. „August, wir müssen bald los“, ruft meine Mutter mich. Ich ziehe mir schnell eine Star-Wars-Jacke über und werfe mein Batman-Spielzeug, mit welchem ich bis gerade spielte, in eine Ecke. Dann mache ich mich auf den Weg zum Auto, wo mich meine Schwester und meine Mutter schon erwarten.

Vorschlag 8

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Ich meine, ich bin anders. Ich war noch nie auf einer normalen Schule, ich habe keine Freunde und ich habe ein entstelltes Gesicht. Das was mich normal macht, ist mein Hund Daisy, der mich liebt wie ich bin. Mich August Smith. Einen Jungen, der viele Operationen hinter sich hat. Bis jetzt hat meine Mutter mich unterrichtet. Also habe ich kaum Freunde. Also eigentlich keine. Oft bin ich traurig darüber, aber ich habe meine ältere Schwester, Mama, Papa und Daisy.

Vorschlag 9

Ich weiß, dass ich kein normales zehnjähriges Kind bin. Auch wenn ich mir nichts sehnlicher wünsche. Jedes Mal, wenn ich aus dem Fester auf die Straße schaue und die Menschen, die normalen Menschen sehe, frage ich mich, wie es wäre, mit ihnen über die Straße zu laufen. Ich frage mich, wie es wäre unter ihnen zu sein ohne aufzufallen. Doch auch wenn ich erst 10 Jahre alt bin, weiß ich, dass ich normal niemals sein kann. Jedenfalls nicht vollkommen normal. Ich bemerke oft die halb neugierigen, halb abgeschreckten Gesichter meiner Krankenschwestern, und dann frage ich mich, ob mich wirklich alle genau so anschauen werden oder ob es Unterschiede geben wird, ob mich jemand verstehen wird, so wie ich bin.

 

Ja, richtig ist Vorschlag Nummer 6, aber ich finde auch, dass die Jugendlichen es einem wirklich nicht leicht gemacht haben. Wir haben jedenfalls so viel Spaß an Mimikry bekommen, dass nun jede Woche ein anderer Teilnehmer ein Buch mitbringt, mit dem wir dann spielen…

4 Gedanken zu „Mimikry in der Schreibwerkstatt

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