Interview mit Autor Rüdiger Paulsen
Wie versprochen kommt nun das Interview mit dem Autor Rüdiger Paulsen. Über zwei seiner Pixibücher (“Billy Schwarzbart” und “Freche Frieda Hütchenblau”) durftet ihr in meinem letzten Artikel etwas lesen und nun geht es um die Arbeit eines Pixibuch-Autors. Ich fand es sehr spannend etwas über diese Arbeit zu erfahren. Vielleicht geht es euch ja genauso, dann viel Spaß mit dem Interview!
Guten Tag, Herr Paulsen. Ich habe auf Ihrer Homepage gelesen, dass Sie weit mehr als Kinderbuchautor sind. Ihre Arbeit im Theaterbereich für Kinder klingt sehr spannend und abwechslungsreich, aber dennoch möchte ich gerne heute in erster Linie etwas zu Ihrer Arbeit als Autor erfahren.
Besonders interessant finde ich es, dass Sie Autor von Kinderbüchern besonderen Formats sind. Sie haben viele Pixi-Bücher geschrieben.
Wie sind Sie dazu gekommen ausgerechnet Pixi-Bücher zu schreiben?
Ich hatte das große Glück, auf einer Party die Pixi Cheflektorin vom Carlsen Verlag kennenzulernen. Sie wusste von meiner Theaterarbeit und schlug mir vor, doch auch einmal für Pixi zu schreiben. Sie brauchte gerade Geschichten zum Thema Indianer.
Ich hatte zu dieser Zeit (2011) absolut keine Ahnung, was es bedeutet zu schreiben und schon gar nicht, dass schreiben ein Handwerk ist.
Mach ich mit links, dachte ich nachts auf der Rückfahrt und habe gleich am nächsten Morgen zwei Texte geschrieben und an den Verlag gemailt. Kurz darauf rief mich die Lektorin an. Die Geschichten gefielen ihr, aber so würden sie nicht für Pixi gehen, weil … und dann bekam ich in den nächsten Wochen und Monaten eine erstklassige Schulung im Pixi-Buch schreiben. Ideen für Geschichten habe ich immer. So hat es angefangen.
Jedes Pixibuch hat genau 24 Seiten. Inwiefern behindert oder beeinflusst dies Ihre Arbeit?
Genau genommen haben wir 11 Doppelseiten und eine Schlußseite. (24) So schreibe ich auch. Auf Seite 1 steht nur der Titel und wer geschrieben und illustriert hat. Auf 2/3
steigt man sofort in die Geschichte ein. Auch wenn man selbst nicht illustrieren kann, sollte man die Illustration immer im Kopf haben. Was über die Illustration vermittelt wird, muss nicht noch einmal im Text auftauchen. Am besten ist es, wenn man die Geschichte so schreibt, das jede Seite ein anderes Szenario ermöglicht. Eine Geschichte, die z.B. nur in der Küche spielt, ist, was die Illustrationen angeht, dann sehr eintönig und nicht abwechslungsreich genug. Man hat ca 3200 Zeichen für den Text inklusive der Leerzeichen. Mit etwas Übung spielt sich das automatisch ein. Hat man zu viel Text, wird es spannend. Jetzt muss gekürzt werden. »Trennt euch von euren Lieblingen« heißt es in vielen Schreibratgebern. Das ist nicht immer leicht, aber mir hat die Erfahrung gezeigt, dass die Geschichten nach dem Kürzen meistens besser sind. Nein, die 24 Seiten Vorgabe behindert mich nicht. Sie hat mich gelehrt, gezielt auf den Punkt zu kommen und alles Überflüssige wegzulassen. Direkter Einstieg, Handlung entwickeln, Höhepunkt und ein positives Ende finden.
Bekommen Sie Aufträge vom Verlag für ein neues Pixibuch oder geht die Initiative eines neues Buches von Ihnen aus?
Das ist unterschiedlich. Der Verlag braucht immer Geschichten zu bestimmten Themen und dann schreibe ich meistens 2-4 Texte, in der Hoffnung, dass wenigstens einer gefällt. Das klappt oft. Ich habe aber auch schon Geschichten geschrieben und verkauft, die für keinen bestimmten Themenkomplex vorgesehen waren, und konnte meine Lektorin überzeugen. Ich bekomme immer ein gutes Feedback für meine Texte, auch wenn der Carlsen Verlag sie gerade nicht unterbringen kann.
Viele meiner Geschichten, die abgelehnt wurden, veröffentliche ich in Familienmagazinen. 6-8 pro Jahr. Da ist es dann schon vorgekommen, dass sie später doch noch als Pixi erschienen sind.
Bekommen Sie als Pixibuchautor Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern? Ich muss zugeben, dass ich bei Pixibüchern selten auf den Autor achte (wenn es nicht gerade um einen Klassiker geht, der im Pixibuchformat erscheint). Haben Sie das Gefühl, dass Sie als eigenständiger Autor wahrgenommen werden?
Gute Frage! In meinem großen Freundeskreis wird natürlich jedes neue Pixi mit Begeisterung aufgenommen. Da ich ausschließlich in Cafés schreibe (habe ca. 20 Stammcafés) kommt auch von da viel Anerkennung und Interesse. Da ist sogar der eine oder andere Kaffee gratis drin. In einem Café hat man mir – bei der Neugestaltung der Gartenterrasse – sogar einen wunderschönen Autorenstammplatz unter einer Magnolie angelegt. Aber Sie haben natürlich recht. Die meisten Pixi-Buch Käufer*innen nehmen den Autor kaum war. Dann noch eher die Illustratorin. Seit Dezember 2016 arbeiten meine Frau und ich mit unseren neuen Vorleseprogramm: Geschichten aus der Pixi-Kiste. Wir lesen ausschließlich eigene Pixis und da kommt dann natürlich die direkte Rückmeldung von den Kindern, den Eltern und auch in der Presse.
Das ist schon sehr viel Bestätigung die ich/wir da bekommen.
Welche Themen liegen Ihnen besonders und an welche würden Sie sich eher nicht heranwagen?
Ich mag jedes Thema, mag Herausforderungen. Der Themenkreis bei Pixi ist überschaubar. Das Interessante ist eher, einen neuen Plot für eine Geschichte, ein Thema zu finden, den es so vorher noch nicht gegeben hat. Ein Beispiel: Es gibt unzählige Geschichten zum Thema Ostern. Vieles wiederholt sich. Da finde ich es sehr reizvoll eine neue Idee nach dem Schema »Was wäre wenn« zu entwickeln. Manchmal verbringe ich Stunden damit (sehr genüssliche Stunden), in dieser Richtung rumzuspinnen.
Dann füllt sich mein Schreibbuch um viele Seiten und plötzlich ist die zündende Idee da.
Gibt es Punkte, in denen sich die Arbeit eines Pixibuchautors von der eines anderen Kinderbuchautors unterscheidet?
Ja, die gibt es. An ein längeres Buch, eine längere Geschichte gehe ich anders ran. Bei Pixi fülle ich ein vorgegebenes Schema mit meinen Ideen, meiner Fantasie. Ich bin, was die Textlänge angeht, festgelegt, muss immer die Illustration im Hinterkopf haben, die Textmenge auf die Seiten aufteilen. Das schult natürlich die Fähigkeit, auf das absolut Wesentliche zu kommen. Bei einem längeren Buch entwickel ich im Vorfeld nur einen groben Plot. Ich mag es, meine Figuren einfach agieren zu lassen. Ich lebe dann in der Geschichte, bin mittendrin und schau mir an was passiert. Das ist spannend und macht das Schreiben für mich so genussvoll. Erst bei der Überarbeitung schalte ich den inneren Lektor ein. Mach ich bei Pixi eigentlich auch, aber im Laufe der Jahre hat es sich so verselbstständigt, dass ich kaum über die erlaubte Textmenge hinauskomme. Pixis überarbeite ich in der Regel 8 bis 10-mal, bevor meine Frau sie zu sehen bekommt. Dann wird weiter gefeilt und geschliffen und manchmal komme ich auf 20 Überarbeitungen, bevor der Text an meine Lektorin geht.
Auch beim Puppentheater oder als Märchenerzähler denken Sie sich Geschichten aus. Hier erleben Sie allerdings eine direkte Reaktion vom Publikum. Was bedeutet Ihnen diese Arbeit?
Ich habe meinen Kindern viele Jahre lang jeden Abend eine Geschichte erzählt. Spontan, frei erfunden. Das war eine gute Schulung und ein besonderer Genuss war es, wenn sie sich für das »Geschichte hören« entschieden haben und nicht für eine Sendung im Kinderfernsehen. Diese Wahl hatten sie. Beim Puppentheater bekomme ich viel Feedback von den Kindern und den Eltern. Das baut auf und spornt an. Vermutlich ist das auch der Grund, dass mir die Ideen bisher noch nicht ausgegangen sind.
Verraten Sie uns zum Abschluss noch, welche Bücher Sie als Kind gerne gelesen haben.
Es gab mal von der Zeitschrift »Hör zu« die Mecki-Bücher. Muss so in den 50er Jahren gewesen sein. Die habe ich verschlungen und besitze sie zum Teil heute noch. Dann die Comics: Tarzan, Tibor, Sigurd etc. Sehr früh tauchte auch Karl May. Ich habe das komplette Werk schon mehrfach gelesen und besitze verschiedene Ausgaben. Als ich 10 oder 11 war, so genau erinner ich das nicht mehrt, bekam ich Perry Rhodan in die Finger. Dadurch wurde meine bis heute anhaltende Leidenschaft für Science-Fiction geweckt. Mit Tolkien kam dann Ende der 60er noch die Fantasy dazu.
Vielen Dank für Ihre Antworten, Herr Paulsen!
Schöne Idee, das war wirklich interessant. Die Pixies kennt schließlich so ziemlich jeder und es ist schön, mal einen der Autoren und seine Arbeit kennenzulernen. Gerade auch weil es so ein besonderes, fest gelegtes Format ist.
Ja, das fand ich auch sehr interessant.
Pingback: Klein, aber fein: Pixi-Bücher - Kinderbuchlesen.de