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Nostalgie: Die Häschenschule

In der Osterzeit haben Bilderbücher mit Häschen Hochkonjunktur. Warum also nicht auch der alte Klassiker „Die Häschenschule“? Vielleicht sogar in Form des großes Sammelbandes mit drei Geschichten: „Die Häschenschule“, „Der Häschen-Schulausflug“ und „Ein Tag in der Häschenschule“.
Am bekanntesten ist wohl der Band „Die Häschenschule“ (erstmals 1924 erschienen). Oh, ich mag dieses Buch ja wirklich gerne, auch wenn man natürlich das Rollenbild von Mädchen und Jungen sowie die Pädagogik in dem Buch kritisch sehen muss. Hasenmax wird vom Lehrer am Ohr gezogen und muss in der Ecke Buße tun (im allerersten Entwurf fehlte diese Szene übrigens). So etwas geht selbstverständlich gar nicht, aber dennoch finde ich es in diesem Bilderbuch nicht schlimm, denn man kann daraus mit Kindern durchaus einen historischen Exkurs machen. Wie ging es in der Schule früher zu? Auch die Urgroßeltern der Kinder wurden ja in der Schule oft noch geschlagen, zum Teil auch noch die Großeltern. Auch das Schreiben auf Tafeln oder die alte Schrift kann in diesem Zusammenhang und mit Hilfe des Buches und den Bildern aufgegriffen werden.
Insgesamt dürfen wir als Leser Einblick in einen Schulmorgen der vermenschlichten Häschen nehmen: Frühgebet, Pflanzen- und Tierkunde, Eier malen, Pausenspiele, Musikunterricht, Gartenarbeit und Sportstunde – all dies gehört zur Häschenschule. Die Bilder werden Liebhabern nostalgischer Bücher gefallen, während sie für andere Leser durchaus zu altmodisch sein dürften. Nicht jeder mag auch die Übertragung von menschlichem Verhalten auf die Tierwelt. Für mich bleibt es aber eine fröhliche, schöne Bilderbuchgeschichte, die sich vor allem aber auch durch die Reime gut lesen lässt und schnell im Ohr bleibt.
Vielleicht sollte man allerdings aufpassen, dass dieses Buch nicht das erste Buch für kleine Kinder ist, in dem die Schule thematisiert wird, da man ansonsten ein falschen Bild von der Schule aufbauen könnte und unnötige Ängste schürt. Wir waren vor einiger Zeit mal im Freilichtmuseum und haben uns dort auch eine alte Schule angeschaut und im Nachhinein habe ich überlegt, ob Bücherwürmchen dieses Bild nun von einer Schule hat, denn immerhin kannte er zu dem Zeitpunkt noch keine moderne Schule.
Bücherwürmchen findet „Die Häschenschule“ jedenfalls auf Grund des gefährlichen Fuchses spannend. Dieses Detail bringt er sofort mit dem Buch in Verbindung.
Das zweite Buch im Sammelband ist „Der Häschen-Schulausflug“ (1925). Hier stammen allerdings die Bilder von einem anderen Illustrator. Sie wirken etwas großflächiger und nicht ganz so liebevoll.
Auch hier wird ein Hasenkind am Ohr gezogen. Allerdings vom Vater auf Grund schlechter Noten. Das finde ich beinahe beängstigender als die mittlerweile verbotene Strafe des Lehrers im ersten Band, die man als historischen Aspekt behandeln kann, denn auch wenn natürlich elterliche Gewalt gegenüber Kindern ebenfalls gesetzlich verboten ist, müssen leider einige Kinder tatsächlich mit körperlichen Strafen ihrer Eltern wegen schlechter Schulnoten rechnen.
Ansonsten geht es in dem Buch aber munter zu. Es wird musizierend gewandert und gepicknickt. Auch die Spiele kommen nicht zu kurz. Die Hasenfamilien erleben mit ihrem Lehrer einen fröhlichen Schulausflug.
Der letzte Band in dem Buch „Ein Tag in der Häschenschule“ (1947) hat eigentlich gar nichts mehr mit dem Original zu tun, zumindest was die Autoren anbelangt. Verse und Bilder sind von Anne und Rudolf Mühlhaus. Sie orientieren sich allerdings ganz klar an dem Original und liefern eine würdige Ergänzung. Etwas schade finde ich es, dass im Vorwort nichts zur Entstehungsgeschichte dieses Buches steht, während es einen interessanten Text zur Häschenschule und ihrem Autor gibt. Hier wird auch deutlich, dass es bei diesem Buch nicht um ein pädagogisches, moralisches Anliegen geht und Kinder keineswegs gefügig gemacht werden sollten. Viel mehr erinnert das Buch den Autor an seine Häschen-Rollenspiele mit seinem Sohn, an denen die ganze Familie teilnehmen musste, was auch die Vermenschlichung der Tiere erklärt.
Nun aber zurück zum dritten Band: Hier wird von einem ganzen Tag im Häschenleben erzählt. Was passiert um 7 Uhr, um 8 Uhr, um 9 Uhr usw.? In Reimform geht es vom Aufstehen über den Schulmorgen und den Nachmittag mit Spielen und Hausaufgaben bis zum Zubettgehen. Dabei wird die Uhrzeit über dem Text auf einer großen Uhr mit Zeigern angezeigt. Teilweise befindet sich auf den Bildern zusätzlich eine Uhr. Man kann dieses Buch also auch dazu nutzen um mit Kindern ein wenig die Uhr zu üben. Da es nur um volle Stunden geht, schaffen es Kinder, die die Zahlen lesen können, schon gut, die Uhrzeiten selbst abzulesen.
Ein Buch aus der Häschen-Reihe fehlt freilich in dem Sammelband, der 2014 zum 90jährigen Jubiläum erschienen ist. Das Manuskript zu „Ferien in der Häschenschule“ wurde erst kürzlich entdeckt und ist in diesem Jahr beim Esslinger Verlag erschienen. Auch diese Fortsetzung stammt von Anne und Rudolf Mühlhaus und erzählt natürlich ebenfalls in Reimform von den Erlebnissen in den Ferien. Auf einer Wanderung lassen sich viele spannende Dinge erleben, aber Fritzchen muss auch erfahren, dass man sich bei zu viel Übermut verletzen kann und auf einer notdürftigen Krücke heimkehren muss. Zu Hause endet der Tag dann in heimeliger Atmosphäre. Insgesamt ist dies ein sehr harmonisches Buch, in dem eine liebevolle Hasenfamilie vorgestellt wird, was mir gut gefällt.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Bilder vollendet wurden, denn sie wirken ein wenig blass und skizzenhaft, aber dennoch erkennt man den Stil der Häschenschule in ihnen. Mit den Bildern aus dem ersten Band können sie allerdings nicht mithalten.
Ja, die Bücher sind natürlich alt. Das merkt man Inhalt und Bildern an, aber wen das nicht stört, der erhält mit den Häschenschule-Bücher schöne, nostalgische Bücher, die sich gut lesen lassen.

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Die Häschenschule: Der große Sammelband von Albert Sixtus und Fritz Koch-Gotha u.a., Esslinger Verlag, ISBN: 978-3-480-40089-8, 15€
Ferien in der Häschenschule von Anne und Rudolf Mühlhaus, Esslinger Verlag, ISBN: 978-3-480-40106-2, 9,99€

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