Manchmal braucht man eine Weile um die Genialität eines Buches zu erkennen
Der NordSüd-Verlag ist ein Verlag, bei dem ich weiß, hier gibt es viele richtig gute Bücher. Man denke nur an die Heule Eule, den kleinen Eisbär, den Regenbogenfisch, an Boris, den Kater, an Familie Maus und viele, viele mehr. Aber irgendwie ist dies auch ein Verlag, der einige Bücher herausbringt, die eigentlich einen besonderen Pfiff haben, den ich aber manchmal einfach nicht entdecke und verstehe. Dabei kann es manchmal dann letztendlich doch ganz einfach sein.
So habe ich bei dem Buch „Hamstermonster“ den Schluss irgendwie nicht richtig begriffen. Welche Idee haben die Hamster denn nun? Eigentlich fand ich das Buch ja sehr niedlich, aber da das Ende für mich keinen richtigen Sinn machte und ich irgendwie Platz in meinen Regalen schaffen musste, habe ich das Buch dem Kindergarten gespendet. Als ich nun gestern meinen Sohn dort abgeholt hatte, saß die ganze Kindergartengruppe vor der Erzieherin, die den Kindern „Hamstermonster“ vorlas und ganz begeistert von dem Buch war, genauso wie scheinbar auch die Kinder. Und dann kam der Schluss, der auf einmal richtig klasse war, denn alle Kinder durften ihre eigenen Ideen äußern. Was haben sich die Hamster nun wohl ausgedacht? Da fiel fast jedem Kind etwas ein. Okay, die Antworten waren nicht unbedingt brillant, aber sie zeigten, dass die Kinder dem Buch gut gefolgt sind, sich mit seinem Inhalt auseinander gesetzt haben und dass sie über den vorgegebenen Inhalt hinausdenken konnten. Das Buch hat genau das erreicht, was man mit einem Buch erreichen möchte. Das ist toll und ich habe mich schon fast ein bisschen geärgert, dass ich ausgerechnet dieses Buch aussortiert habe.
Nun gibt es ein weiteres Buch aus dem NordSüd-Verlag, welches mir zwar gefällt, bei dem sich mir aber der besondere Clou nicht so ganz erschließt. Vielleicht sollte ich „Ludwig I. – König der Schafe“ auch einfach mal dem Kindergarten geben um auf die richtige Spur gebracht zu werden oder entdecke ich das Geheimnis des Buches selber?
Als ich das Buch das erste Mal gesehen habe, war ich direkt begeistert. „Ludwig I. – König der Schafe“ – das klingt nach einem witzigen Buch. Ich war sehr gespannt darauf, beim ersten Lesen dann aber doch ein wenig enttäuscht. Hm, was ist jetzt das Besondere an dem Buch, wo verbirgt sich der Witz?
Der Zufall wollte es so, dass dem Schafbock Ludwig eine Krone zugeweht wird. Er überlegt kurz, setzt sie dann auf und wird somit Ludwig I., König der Schafe. Aber natürlich braucht ein König noch mehr: Zepter, Thron und ein Königsbett. Für alles findet Ludwig eine Lösung, auch verhält er sich von nun an königlich: Er wendet sich an sein Volk, betreibt Löwenjagd, lustwandelt durch den königlichen Garten etc. Von Tag zu Tag wird er zu dem herrischer und überlegt sich neue Regeln für seine Untertan und alles nur, weil er zufällig eine Krone bekommen hat. Allein diese Krone hat aus ihm einen König gemacht und ihm eine Macht verliehen, mit der er nicht wirklich gut umzugehen weiß. Doch als der Wind ihm dieses Königssymbol wieder nimmt, wird aus Ludwig auch wieder ein normaler Schafbock. Nun trägt ein anderer die Krone und man muss hoffen, dass dieser weiß, welche Verantwortung ihm hiermit gegeben wurde, denn nun kommt der Wolf mit der Krone heranstolziert…
Die Bilder in dem Buch, die fast die ganzen Seiten einnehmen, sind gut gelungen und machen Spaß. Auch die Idee der Geschichte gefällt mir gut, aber irgendwie ist mir die Botschaft in dem Buch zu versteckt, gerade für kleinere Kinder. Hier ist der erwachsene Vorleser gefragt, sich mit dem Kind über die Geschichte zu unterhalten. Und da kommt dann wieder das Ende ins Spiel, welches eigentlich genial ist. Ja, doch, so langsam merke ich es auch… Der Wolf bietet eine perfekte Vorlage um die Geschichte weiterzuspinnen und ihr somit auf den Grund zu gehen. Ganz ohne Worte schafft das Buch es an dieser Stelle, die Aufmerksamkeit der Kinder einzufangen und ihre Gedanken in Schwung zu bringen. Allein der Wolf mit der Krone und die friedlich weidenden Schafe in einiger Entfernung reichen hier aus. Und letztendlich ist es auch dieser Wolf, der nur auf einer einzigen Seite zu sehen ist, den Bücherwürmchen mit diesem Buch verbindet. Einen Wolf findet er immer spannend und hier weiß man ja noch nicht, ob er lieb oder böse ist. Es gibt also einiges zum Nachdenken und Fantasieren. Ja, auch dieses Buch ist gut gemacht, sehr gut gemacht sogar, auch wenn ich es nicht direkt gemerkt habe. Aber mit Hilfe von Bücherwürmchen habe ich es letztendlich ohne die Hilfe des Kindergartens festgestellt. Dieses Buch bleibt also in unseren Regalen stehen!
Ludwig I., König der Schafe von Olivier Tallec, übersetzt von Thomas Bodmer, NordSüd Verlag 2015, ISBN: 978-3-314-10308-7, 14,99€
Eine Rezension zu Hamstermonster findet ihr hier.