Wild, aber glücklich
Es gibt ein Buch, welches ich schon allein auf Grund des Covers mag: „Wild“. Das Cover ist einfach nur beeindruckend! Aber auch die Bilder im Buch sind toll und machen viel her. Der Blick des Betrachters fällt dabei immer vor allem auf das wilde Mädchen, welches sich harmonisch in die Bilder des Waldes einfügt und im Leben der Menschen nur Chaos anrichtet.
Das Mädchen, das im Text nur „sie“ heißt, wächst im Wald auf und lernt alles von den Tieren: Sprechen („Krah“), essen und spielen. Nichts fehlt ihr. Sie ist glücklich. Doch dann wird sie von Menschen in die Stadt gebracht. Auf einmal soll sie anders sprechen, spielen und essen als bisher, denn die Menschen versuchen ihr ein zivilisiertes Benehmen beizubringen. Doch aus Sicht des Mädchens machen die Menschen alles falsch und es ist völlig unglücklich. Am Ende geht es zurück zu den Tieren, denn nur dort ist es wirklich glücklich.
Das Leben in Wald und Zivilisation ist einfach zu unterschiedlich. Glückliches, wildes und unschuldiges Leben kann sich nicht Zwängen von außen unterwerfen.
Die Geschichte nimmt ein gutes Ende, aber trotzdem stimmt mich der Satz „Es war gut, dass sie fort war“ irgendwie traurig. Klar, das Mädchen war wieder frei und glücklich und darum geht es, aber für mich klingt auch ein Aufgeben, eine Nicht-Akzeptanz des Kinder oder ein Nicht-Lieb-Gewinnen des Mädchens darin mit, auch wenn vielleicht gerade das Fortgehenlassen für eine Akzeptanz spricht. Es ist ein Satz, der nachdenklich stimmt und der mich lange über die Geschichte nachdenken lässt.
Bücherwürmchen mag das Buch, auch wenn er es vielleicht noch nicht so ganz versteht. Er ist beeindruckt von dem wilden Spiel des Mädchens mit den Füchsen und vom natürlichen Fischfang mit den Bären. Aber er nimmt auch bereits selbst die zivilisierte Blickrichtung ein und meint, dass das Kind in der Stadt alles falsch macht, während im Buch aus Sicht des Mädchens gesagt wird, dass die Menschen falsch sprachen, aßen und spielten. Wie schnell doch ein Kind die Werte und Normen von Erwachsenen übernimmt. Würde sich ein Kind ohne die Beeinflussung von Eltern und Erziehern an einem chaotischen Zimmer stören? Vermutlich nicht! Bücherwürmchen war jedenfalls entsetzt über die zerstörten Gardinen und Möbel im Wohnzimmer, die das Mädchen zurück ließ. Interessanterweise wechselt er seine Sichtweise aber noch. Bei den Waldseiten ist er ganz bei dem Mädchen und freut sich über seine Wildheit und bei den Stadtseiten nimmt er die Position der Gesellschaft ein und meint, dass das Kind richtig sprechen müsse.
Insgesamt ist „Wild“ auf jeden Fall ein tolles Buch, welches einiges offenbart, zum Nachdenken anregt und welches vor allem dank der Kraft der Bilder einfach beeindruckend ist.
Wild von Emily Hughes, Sauerländer, ISBN: 978-3-7373-5121-8, 14,99€
Hallo Miri,
wir haben das Buch nach Deinem Büchervortrag in der Grundschule gekauft. Mir hat der letzte Satz im Buch am besten gefallen “Denn man kann nicht zähmen, was so wild und glücklich ist.” Das passt sehr gut zu meinem Sohn ;o) Und ich finde auch in die heutige Zeit. Kinder dürfen häufig einfach zu wenig “Kind” sein, gerade im leider immer noch zu kinderunfreundlichen Deutschland. Im Buch wird natürlich alles sehr überspitzt dargestellt, aber die Bilder sind toll und der Hintergedanke wichtig. Auch Felix liebt es!
Ja, der letzte Satz gefällt mir auch und ich stimme dir völlig zu, dass man Kinder mehr Kind sein lassen sollte. Erwachsene sollten lernen mehr Wildheit zu zu lassen und zu ertragen. 🙂
Ich kann euch nur beipflichten. Mein einer Sohn ist ein Bücherwurm, setzt sich stundenlang irgendwohin uns liest und man kriegt nur zu hören, wie lieb er doch ist und wie gut erzogen etc.
Meinen Kleinen erziehe ich bzw. wir genauso, aber er ist ein megamäßiger Wildfang, und da kriege ich oft zu hören, ich solle mal mit ihm zum Arzt gehen, er habe doch garantiert ADHS, so wie er rumflippt.
Na toll, er kann auch stundenlang still sitzen, liest auch gerne, spielt usw, hat aber halt die kindertypische Energie in sich, die einfach raus muss und das darf sie auch, aber viele Erwachsene stören sich an diesen Kindern, das ist voll daneben. Hier im Gemeinschaftsgarten ist sogar damals beschlossen worden, dass KEIN Fußball gespielt werden darf. Da fällt einem nix mehr zu ein, oder?
Wirklich ärgerlich! Ich kann es vor allem nicht leiden, wenn Bewegungsdrang und Energie gleich mit ADHS in Verbindung gebracht werden…