Tulipan ABC – empfehlenswert für Erstleser
Es ist gar nicht so einfach gute Bücher für Erstleser zu finden, aber es gibt sie. Wenn man ein wenig abseits der Mainstream-Regale schaut, gibt es doch mehr gut gemachte Literatur für Leseanfänger, als ich zunächst dachte. Zum einen bringt beispielsweise der Obelisk Verlag aus Österreich gute Taschenbücher für diese Zielgruppe heraus, von denen ich euch demnächst noch ein paar vorstellen werde, und zum anderen habe ich nun auch ein Buch aus der Tulipan ABC-Reihe kennen gelernt, welches mich überzeugt hat: Neles kleine Schwester. Die Schrift ist gut lesbar und übersichtlich gestaltet. Die Leseabschnitte sind für die Zielgruppe gut zu bewältigen und es wurde eine Schriftart gewählt, in der die Buchstaben so geschrieben werden, wie die Kinder sie im ersten Schuljahr kennen lernen (abgesehen von Erstlesebüchern ist dies zum Beispiel beim kleinen „a“ ansonsten meist nicht der Fall). Die Sätze sind kurz und nicht verschachtelt, so dass Kinder am Ende eines Satzes auch noch wissen, was sie gelesen haben. Formell kann das Buch also schon einmal punkten. Nun aber zum Inhalt, der bei solchen Büchern leider oft etwas zu kurz kommt. Aber nicht so in dem Buch „Neles kleine Schwester“. Hier wird eine richtige Geschichte erzählt, eine Geschichte mit Gefühlen und einer authentischen Hauptperson.
Nele hat bei einer Schulveranstaltung das erste Mal einen Auftritt. Vor allen Zuschauern spielt sie etwas auf ihrer Flöte vor. Und dieses Stück, welches sie vorspielt, ist gar nicht so einfach. Beim Üben verspielt sie sich jedes Mal an der gleichen Stelle, aber bei ihrem Auftritt klappt es hervorragend. Nele ist ganz stolz und möchte ihre Freude mit ihren Eltern teilen. Doch diese sind gar nicht da, denn ausgerechnet an diesem Tag kommt Neles kleine Schwester Lena auf die Welt. Und Lena ist ja so süß. Alle haben nur noch Augen für Lena und niemand hat Zeit dafür, sich Neles Erzählungen von dem Auftritt anzuhören. Doch als am Abend dann der ganze Besuch gegangen ist, feiern Neles Eltern dann doch noch Neles großen Tag mit Kuchen und Eis. Jetzt findet sogar Nele Lena süß, denn die kleine Schwester muss ordentlich gähnen, als Nele zu Hause noch einmal ihr Flötenstück vorspielt.
Die Geschichte von Nele und ihrer kleinen Schwester ist eine Geschichte aus dem Leben. Sie bleibt nicht nur oberflächlich, sondern nimmt kindliche Gefühle behutsam auf und nimmt diese ernst. Es ist eine Geschichte, die sicherlich viele Kinder, bei denen auf einmal ein kleines Geschwisterkind dazu kommt, nachvollziehen können. Aber auch Bücherwürmchen, dem ich das Buch vorgelesen habe, hatte schon Spaß an der Geschichte und konnte den Inhalt am Ende gut zusammenfassen: „Die haben keine Zeit für Nele, weil das Baby da ist.“
Auffällig sind auch die Bilder in dem Buch, welche in erster Linie die Figuren zeigen. Hier sind die großen Köpfe und großen Augen besonders hervorstechend. Man fühlt sich direkt von den Blicken und den leuchtenden Augen, die von Wimpern umrahmt sind, angesprochen. Gerade durch die Reduzierung der Bilder auf die Figuren kommen die erlebten Gefühle Neles gut heraus und die Bilder bleiben einem im Gedächtnis. Text und Bilder harmonieren gut und bilden zusammen ein tolles Buch, welches sich gut für Erstleser eignet, aber auch allen anderen durchaus Spaß macht, was bei dieser Buchkategorie nicht selbstverständlich ist.
Neles kleine Schwester von Anne Maar und Manuela Olten, Tulipan Verlag, ISBN: 978-3-86429-221-7, 8,95€
Ich finde diese Einteilung in 1. Lesejahr usw. immer so witzig. Meinen beiden Jungs ist bzw. war das sowas von egal. Die Schriftarten – oder wie die einzelnen Buchstaben geschrieben werden – war zumindest bei uns von Anfang an ganz unerheblich und ich war erstaunt, wie flexibel viele Leseanfänger schon im Erkennen von Buchstaben sind. Auch bei den Schulkollegen wird diese sehr penible Einteilung in die einzelnen Lesestufen als sehr “übertrieben” empfunden. Wenn man lesen kann, liest man auch in der ersten Klasse schon Bücher, die vom Umfang schon für die höheren GruSchu-Jahre empfohlen werden oder auch für noch spätere Jahre.
Da würde ich mich von der Einstufung des Verlags nicht beeinflussen lassen….aaaber beim Inhalt gibt es gewaltige Unterschiede. Das fängt bei den Themen an und macht leider auch bei Rechtschreibung, Kommasatzung und Grammatik nicht halt. Daher bin ich – die ich ursprünglich auch unbekannteren Verlagen gerne eine Chance gab – zumindest bei den Kinderbüchern wieder zurück zu den renommierten Verlagen zurückgekehrt. Sehr schade, dass dort oft am Lektorat gespart wird. Gerade bei der KiJu-Literatur finde ich eine Topp-Rechtschreibung etc unerlässlich 🙂
Ich habe letztens ein Buch abgebrochen, dass mein großer und ich abends immer zusammen gelsen haben….es gab kaum eine Seite ohne Fehler. 🙁
Klar, streng sollte man sich nicht an die Vorgaben halten, aber ich finde dennoch, dass es für ungeübtere Leser eine Orientierung sein kann, insbesondere, wenn ihnen das Lesen noch große Mühe macht. Und du glaubst nicht, welch geringfügige Abweichungen vom Gelernten manche Kinder schon irritieren können…
Vielleicht habe ich mit meinen Jungs einfach nur Glück gehabt und dieses ohne Probleme lesen können ist eher die Ausnahme?!?
Aber wiw auch immer, du als GruSchu-Lehrerin wirst da einen deutlich besseren Überblick haben als ich 😀
Kinder sind, wie immer, auch beim Lesen und beim Erlernen des Lesens sehr unterschiedlich. Gerade für Kinder, denen das Lesen nicht so leicht fällt, ist es schön, wenn sie mit Erstlesebüchern erste Erfolge haben. Allerdings fände ich es auch besser, wenn bei der Einteilung auf Klassen verzichtet würde, sondern eher von Lesestufen oder ähnlichem gesprochen würde (was manche Verlage ja auch tun).
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