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DIE eine Familie gibt es nicht

Was ist eine Familie und wie entsteht sie? Eine harmlose, einfache Frage, die aber gar nicht so einfach zu beantworten ist, denn DIE Familie gibt es nicht. Es gibt viele unterschiedliche Formen von Familien und längst nicht jede Familie entsteht auf die gleiche Art und Weise. Viele Kinder werden von Mann und Frau auf natürliche Weise gezeugt und leben gemeinsam mit ihren leiblichen Eltern in einem Haushalt, aber es gibt auch Kinder, die nur zum Teil mit leiblichen Verwandten zusammen leben (Stichwort Patchworkfamilie), wieder andere Kinder haben zwei Papas oder zwei Mamas, manche Kinder leben nur bei einem Elternteil, einige Kinder wurden adoptiert und manche Kinder leben zwar bei ihren leiblichen Eltern, entstanden aber durch eine künstliche Befruchtung. All dies sind Konstruktionen, die berechtigt für sich den Begriff „Familie“ beanspruchen. Wichtig ist nicht, wie eine Familie entstanden ist, sondern dass man zusammenaufwächst und sich gegenseitig liebt.
Das Buch „Das Familienbuch“ möchte über viele verschiedene Familienkonstellationen informieren und ich finde, dass es das sehr gut macht. Besonders beeindruckt bin ich davon, wie umfassend hier verschiedene Familien und ihre Entstehungsgeschichten vorgestellt werden. Auf dem Buchmarkt gibt es zum Thema Adoption nicht allzu viele Kinder- und Bilderbücher und wenn es welche gibt, dann geht es meist um einen Mann und eine Frau, die gemeinsam ein Kind adoptieren. Hier werden zum Beispiel auch gleichgeschlechtliche Paare thematisiert. Auch dass bei Büchern zu verschiedenen Familienkonstellationen oder bei Büchern zur Aufklärung die künstliche Befruchtung oder die Samenspende ein Thema sind, ist mir nicht bekannt. Hier sind dies eine von mehreren Möglichkeiten eine Familie zu werden. So bietet dieses Buch einen guten Gesprächseinstieg zu dem Thema Familie. Es zeigt auf, dass eine Familie eben nicht automatisch aus Mama, Papa, Kind bestehen muss und dass nicht jedes Kind, bei der Frau, bei der es lebt, auch im Bauch war. Gerade für Familien, die nicht dem klassischen Modell entsprechen, kann dieses Buch eine große Bereicherung sein.
Da es in dem Buch auch darum geht, wie ein Mensch entstehen kann (durch Geschlechtsverkehr oder eben auch durch eine Reagenzglasbefruchtung), ist es auch ein Aufklärungsbuch. Sehr unaufgeregt, aber gut verständlich und aufklärend, wird hier vom Sex (sowohl als Fortpflanzungsmöglichkeit als auch als schöne Sache zwischen erwachsenen Menschen) geschrieben. Dieser Teil ist eher noch nicht so für kleinere Kinder geeignet. Ich denke, das Buch richtet sich eher an Grundschulkinder. Bei kleineren Kindern muss man noch nicht so sehr ins Detail gehen, wobei auch das hier recht behutsam gemacht wird.
Auch wenn ich für eine Gleichberechtigung von Frau und Mann bin, muss ich leider sagen, dass mich einfach dieses korrekte Schriftbild nervt, z.B. Freund_innen. Das stört meinen Lesefluss, aber das ist letztendlich nur ein kleines Detail am Rande. Die Bilder von den vielen verschiedenen Menschen sind humorvoll gezeichnet. Ich würde sie nicht unbedingt als „schön“ bezeichnen, aber sie illustrieren das Buch sehr passend. Auf jeder Doppelseite befinden sich bunte Bilder. Auch die Seiten selbst sind farbig.
Insgesamt ist das Buch „Das Familienbuch“ sehr empfehlenswert, denn es zeigt verständlich und ohne Wertung auf, welche Familienkonstellationen in der Realität vorkommen, wobei die sogenannte Patchworkfamilie hier ein wenig in den Hintergrund tritt, während Adoption und künstliche Befruchtung hier einen größeren Rahmen erhalten.

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Das Familienbuch von Edward Summanen und Johanna Arpiainen, übersetzt aus dem Schwedischen von Eno R. Liedtke, Alibri Verlag, ISBN: 978-3-86569-250-4, 12€

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