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Ein wichtiges Thema: Prävention von sexuellem Missbrauch

Es gibt viele Themen, über die Kinder etwas lernen und wissen sollen und natürlich kommen diese Themen auch häufig in Bilderbüchern vor. Leider merkt man vielen Büchern ihre pädagogische Absicht zu sehr an: Da soll dann Kindern gesunde Ernährung, Verhalten im Straßenverkehr oder Benehmen vermittelt werden. Alles schön und gut, aber wenn es zu sehr ums Belehren geht, werden Bücher meist eher langweilig und sind für Kinder nicht sonderlich ansprechend. Ich persönlich mag grundsätzlich eher Bücher, die einfach Spaß machen und achte nicht besonders auf eine „pädagogisch wertvolle“ Beurteilung eines Buches. Es gibt aber dennoch Themen, die so wichtig sind, dass auch ich sage, dass es gut ist, wenn sie in Büchern verarbeitet und Kindern nahe gebracht werden. Zu diesen Themen gehört zum Beispiel die Prävention von sexuellem Missbrauch von Kindern. Hier müssen Kinder unbedingt aufgeklärt werden und über ihre Rechte Bescheid wissen. Und am besten beginnt man da ganz von vorne ohne direkt den Teufel an die Wand zu malen, denn wenn Kinder wissen, dass sie selbst über ihren Körper und Berührungen bestimmen dürfen, dann ist die wichtigste Grundlage geschaffen. Und genau darum geht es in den Büchern „Kein Küsschen auf Kommando“/“Kein Anfassen auf Kommando“ und „Ich bin doch keine Zuckermaus“.

Der Doppelband „Kein Küsschen auf Kommando“/“Kein Anfassen auf Kommando“ ist schon ganz alt und ich selbst habe noch ein Malbuch mit Schreibschrift dazu aus der Grundschule. Ich wusste gar nicht, dass diese Bücher immer noch im Umlauf sind. Jedenfalls kann ich mich noch gut an die Bücher und vor allem auch an die Bilder erinnern, was ja schon mal zeigt, dass sie einen Eindruck bei Kindern hinterlassen. Wobei ich auch sagen muss, dass ich mich wohl an die Bilder erinnere, weil ich sie komisch fand. In den Büchern kommt das Anliegen aber ganz klar heraus. Es wird aber auch nicht hinter einer Geschichte versteckt, sondern hier geht es wirklich nur um das Thema „Mein Körper gehört mir. Nur ich bestimme, wer mich anfassen oder küssen darf“. Das finde ich gut, denn so wird nicht eine spannende Geschichte vorgetäuscht, die nur für eine Aufklärung erhalten muss. Nun könnte man meinen, die Bücher, die Kindern diese Botschaften vermitteln wollen, seien langweilig. Hinzu kommen noch einfach gezeichnete Bilder, auf denen eben nur die benannten Situationen zu sehen sind. Eigentlich weiß ich auch nicht, was dieses Buch so faszinierend macht, aber Bücherwürmchen hat es sich sehr gerne und auch häufig angeschaut und auch den einen oder anderen Reim aus dem Buch „Kein Anfassen auf Kommando“ immer mal wieder zitiert. Er fand es total faszinierend, dass er „Nein“ sagen und über sich selbst bestimmen darf. Nicht, dass er das vorher nicht auch schon gemacht hat und zum Beispiel sich abgewandt hat, wenn man ihm ein Küsschen geben wollte, was wir auch immer akzeptiert haben, aber nun wurde es noch einmal klar und deutlich ausgesprochen. Es gibt Bereiche, in denen er ganz klar bestimmen darf. Das fand er toll, denn natürlich möchte jedes Kind auch gerne mal „Bestimmer“ sein. Ich hatte zunächst ein paar Bedenken, dass er dieses „Nein-sagen-dürfen“ auch auf alle anderen Bereiche mit Begeisterung übertragen würde, aber letztendlich finde ich es wichtiger, ein selbstbewusstes Kind zu haben, das für sich selbst und seine Wünsche einstehen kann, als ein konfliktfreies Familienleben zu haben… Außerdem war meine Sorge auch völlig überflüssig. Bücherwürmchen hat direkt verstanden, worum es geht. Er ist ganz stolz darauf, dass sein Körper ihm gehört und er über sich selbst bestimmen darf, was er dann auch direkt ein paar Mal ausprobieren musste. So forderte er einen auf, dass wir versuchen sollten ihn zu küssen, was er dann aber natürlich in dem Moment abwehrte. Aber das war okay. Er musste eben herausfinden, dass die Aussagen aus dem Buch auch wirklich Gültigkeit haben.

In den beiden Büchern geht es nicht um direkte sexuelle Übergriffe, sondern um die Anfänge: Wenn man von jemandem geküsst wird, obwohl man denjenigen gar nicht mag, wenn man gerade keine Lust auf kuscheln und Küsse hat oder wenn einem jemanden zu nah kommt und einem das unangenehm ist. Es kann sich also jedes Kind in diese Situationen hineinversetzen. Es wird ihnen keine Angst gemacht, sondern sie lernen mit Situationen umzugehen, in die sie immer mal wieder kommen, z.B. wenn die Tante zu Besuch kommt und erst einmal eine Umarmung einfordert. Außerdem geht es auch nicht nur um die unangenehmen Berührungen. Auch schöne Berührungen oder verschiedene Arten von Küssen (z.B. „Luft“- und „Nasenküsse“) finden hier ihren berechtigten Raum.

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Das Buch „Ich bin doch keine Zuckermaus“ geht mir erst einmal zu sehr in die Richtung, dass eine pädagogische Absicht in einer nicht sonderlich spannenden Geschichte verpackt werden soll. Denn so wirklich passiert in dem Buch gar nichts. Es werden einfach verschiedene Situationen von Paula, die fast sechs ist geschildert: Paula hat einen Freund, Max, ihre Katze Samira und die kugelrunde Träumefrau. Die drei begleiten sie. Dann gibt es natürlich auch noch ihre Eltern und den blöden Ede, Papas bester Freund. Ede nimmt sie immer viel zu fest in den Arm. Das mag Paula gar nicht und am liebsten würde sie dabei wie eine Katze ihre Krallen ausfahren. Aber wenn sie mit ihrer Träumefrau auf Reise geht, dann bestimmen Paula und Max, denn sie haben beide ein eigenes Schloss. Und die Träumefrau kann sogar noch mehr: In Paulas Träumen schenkt sie ihr drei volle Eimer Kindermut und so schafft Paula es, Nein zu sagen.

So richtig zusammenhängend und fortführend finde ich die Geschichte nicht. Aber egal, Bücherwürmchen findet das Buch trotzdem irgendwie toll und hat auch viel daraus mitgenommen. Die Textabschnitte werden von Liedern unterbrochen, die sich sowohl auf der beiliegenden CD, die sehr angenehm zu hören ist, als auch mit Noten und Text im Buch befinden. Die Lieder vertiefen die Aussagen des Textes und es wird davon gesungen, dass Paula keine Zuckermaus zum Vernaschen ist, die Katzensprache (schnurren, fauchen, Krallen zeigen) wird thematisiert, es geht um Küsschen und gute und schlechte Geheimnisse und darum, dass der Körper einem von Kopf bis Fuß selbst gehört. Die Lieder sind recht einfach zu singen, aber auch teilweise für Kinderstimmen viel zu tief. Bücherwürmchen mag die Lieder jedenfalls und hat sie auch recht schnell mitgesungen, insbesondere das von der Katzensprache.

Die Bilder in dem Buch sind fröhlich und stecken voller Lebensfreude. Das gefällt mir gut, denn das Thema soll ja erst einmal ganz natürlich und aus dem Kinderalltag heraus behandelt werden. Außerdem unterstreicht es die Botschaft, dass Kindern Mut gemacht werden soll.

Wie gesagt, irgendwie musste ich mich mit dem Buch erst anfreunden, aber bei der Zielgruppe, den Kindern, kommt es auf jeden Fall gut an und das ist ja das Entscheidende. Die Idee von der Verknüpfung einer Geschichte mit Liedern gefällt mir übrigens auch gut und ich kann mir vor allem gut vorstellen, dass man dieses Buch gut in Kindergärten oder ersten Schulklassen einsetzen kann.

 

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Kein Anfassen auf Kommando/Kein Küsschen auf Kommando von Marion Mebes und Lydia Sandrock, Verlag mebes & noack, ISBN: 978-3-927796-92-8, 11,90€

Ich bin doch keine Zuckermaus: Neinsagegeschichten und Lieder – Buch mit Audio-CD von Sonja Blattmann und Gesine Hansen, Verlag mebes & noack, ISBN: 978-3-927796-36-2, 22,50€

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