Winter: Zeit der Schneemänner
Weihnachten ist nun vorbei, aber der Winter noch lange nicht. Natürlich gibt es neben den Weihnachtsbüchern, die nun so langsam erst einmal wieder im Regal verschwinden, noch andere Bücher, die zu dieser Jahreszeit passen. Und was passt besser zum typischen Winter als Schnee? (Zumindest gehörte er früher dazu…) Besonders gerne beschäftigen sich Bilderbücher mit dem Mann aus Schnee und so möchte ich euch heute auch zwei solcher Bücher vorstellen. Format, Aufmachung und Stil unterscheidet sie deutlich voneinander, aber in beiden Büchern steht nicht nur ein Schneemann im Mittelpunkt, sondern es werden auch wichtige Werte wie Freundschaft und Teilen vermittelt.
Bei den beiden Büchern handelt es sich um „Ben der Schneemann… Können wir nicht teilen?“ und „Der Schneemann und der Hase“ – ein Buch eines etablierten Autors (Guido van Genechten) und ein Buch aus einem kleinen Verlag, welches wohl nicht in den Buchhandlungen zu finden sein wird. Macht sich dieser Unterschied qualitativ bemerkbar? Wird zu Recht ein Buch wie „Ben der Schneemann“ eher in den Blickpunkt der Kunden gerückt?
Ich werde nun auf beide Bücher näher eingehen und dann könnt ihr selbst entscheiden.
Von „Ben der Schneemann“ gibt es bereits ein Buch, welches von den Lesern gut angenommen wird. Und auch das neue Hardcover-Buch in normalem Bilderbuchformat macht erst einmal einen guten Eindruck auf einen. Ben ist ein sympathischer kleiner Schneemann und so ist es auch nur folgerichtig, dass er Dimitri, der aus der Fremde kommt und auf dem langen Weg seine Kopfbedeckung verloren hat, seine Mütze leiht. Allerdings gibt Dimitri sie ihm auch nach ein paar Tagen nicht zurück. Was nun? Natürlich ist Ben nun traurig, aber zum Glück kommt er dann auf eine gute Idee: Wenn alle miteinander teilen und jeder mal seine Kopfbedeckung einem anderen leiht, muss niemand lange ohne Hut herum laufen. Alle machen begeistert mit und nur so kann diese Idee gut funktionieren.
Der Leser erfährt, wie wichtig teilen ist und dass es auch von großer Bedeutung ist, dass sich alle daran beteiligen. Auch unter dem Aspekt von Flüchtlingen, die ohne Hab und Gut in ein fremdes Land kommen, finde ich es gut, wie vorbehaltslos Ben dem fremden Dimitri hilft. Allerdings irritiert es mich doch sehr, dass Dimitri die Mütze dem hilfsbereiten Ben nicht zurück gibt. Gerade unter dem Aspekt, dass er neu in dem Land ist und Hilfe bekommen hat, finde ich es eine bedenkliche Botschaft, dass er die Leihgabe anschließend für sich beansprucht. Klar, am Ende beteiligt auch er sich an der Tauschaktion der Schneemänner, aber ich weiß nicht, ob hier bei dem einen oder anderen Leser nicht ein falsches Bild entstehen könnte. So rufen ja auch einige Schneemänner: „Dimitri muss bestraft werden“ und wenn man den kleinen, enttäuschten Schneemann Ben sieht, so kommt einem diese Reaktion nur allzu logisch vor. Andererseits zeigt das Buch dann an dieser Stelle auch toll auf, dass man diesem ersten Impuls nicht nachgeben sollte und es für alle viel besser ist, wenn man eine gemeinsame Lösung findet, bei der niemand benachteiligt wird und an der sich alle beteiligen. Eigentlich muss man sagen, dass es dem Buch gut gelungen ist, zu zeigen wie wichtig Solidarität und gemeinsames positives Handeln (in diesem Fall Teilen) ist. Es eignet sich also bestens dafür um mit Kindern zu diesen Themen ins Gespräch zu kommen. Ich persönlich hatte dennoch mit diesem Buch meine Schwierigkeiten. Dimitri war mir erst einmal unsympathisch und ich konnte gar nicht verstehen wie er den lieben, kleinen Ben so enttäuschen konnte. Das fand ich richtig blöd. Sicher, wenn man das Buch dann in Ruhe analysiert, macht alles seinen Sinn, aber betrachtet man ein Buch beim ersten gemütlichen Lesen auf dem Sofa so genau? Wohl eher nicht und wenn es einem dann nicht unmittelbar gefällt, bleibt es dann leider doch eher im Regal stehen… – auch wenn es letztendlich eine sehr wichtige Botschaft vermittelt, mit der man sich näher beschäftigen sollte.
„Der Schneemann und der Hase“ dahingegen macht sofort Spaß. Es ist die Geschichte einer Freundschaft zwischen einem Schneemann und einem Hasen, die sich ganz spontan ergibt, als der Hase gerade dem Schneemann die leckere Nase mopsen möchte. Es ist eine Freundschaft, bei der Schneemann und Hasse alles Mögliche erleben, was bei einer Freundschaft eben dazugehört: Miteinander Quatsch machen, sich aufeinander freuen und sich gegenseitig Geschichten erzählen. Schneemann und Hase vertrauen einander und so ist es auch eine Freundschaft, die eine Zeit des Wartens aushält, denn natürlich verschwindet der Schneemann zum Leidwesen des Hasen am Ende des Winters. Doch genauso selbstverständlich ist es auch, dass er im nächsten Winter wieder zurück kommt und auch der Hase wird dann wieder an ihrem üblichen Treffpunkt sein. Und bis es soweit ist, vergnügt er sich im Frühling, Sommer und Herbst mit dem Eichhörnchen.
„Der Schneemann und der Hase“ ist eine schöne, einfache Geschichte, die auf einem Puppenspiel basiert. Dies merkt man dem Buch auch an: Es passiert nicht so wahnsinnig viel und viele Dialoge stehen im Vordergrund, die im Buch manchmal leicht ermüdend werden, aber andererseits auch dem Leser ermöglichen sich Hase und Schneemann gut auf der Bühne im Gespräch vorzustellen. Außerdem bestehen die Bilder aus Fotos, auf denen die Figuren auf der Bühne kunstvoll arrangiert sind. Die Figuren sehen übrigens sehr sympathisch aus und sie wurden extra für dieses Puppenspiel angefertigt. Es ist nur etwas verwunderlich, dass der Hase auch im Sommer als er schwitzt, den Schal umbehält…
Im Gegensatz zu dem Buch „Ben der Schneemann“ handelt es sich hier nicht um ein hochwertiges Hartcover-Bilderbuch, sondern um ein getackertes Softcover-Heft, das ein wenig wie ein Fotobuch wirkt. Aber ist das wirklich schlimm? Gucken sich Kinder so ein Buch deswegen weniger gern an? Nein, gewiss nicht – sie lieben ja auch die kleinen Pixi-Bücher!
Besonders interessant ist das Buch natürlich für Kinder, die zuvor in den Genuss des Puppenspiels gekommen sind. Für sie kann das Buch eine tolle Erinnerung an dieses Erlebnis sein, aber auch Bücherwürmchen, der diese Vorerfahrung nicht hat, holt das Büchlein immer mal wieder aus der Bücherkiste heraus.
So, und was meint ihr nun zu meinen Anfangsfragen? Sollte man nicht auch mal Büchern aus kleineren Verlagen eine Chance geben? Wenn einem die Geschichte gefällt, dann auf jeden Fall! Und bei dem Preis, den man für dieses Buch bezahlen muss, geht man auch kein großes Risiko ein, wenn man so ein Büchlein mal testen möchte. Nicht alles ist sicherlich perfekt und hochwertig, aber auch das kann manchmal seinen Charme haben, insbesondere, wenn man spürt, wieviel Herzblut in einem Projekt steckt…
Ben der Schneemann… Können wir nicht teilen? von Guido van Genechten, Aracari Verlag, ISBN: 978-3-905945-42-3, 13,90 €
Der Schneemann und der Hase von Tina Brigitta Lauffer, Monika Fuchs Verlag, ISBN: 978-3-940078-83-4, 5,90 € (Ein Interview zu der Autorin findet ihr übrigens hier.)
Manchmal findet man bei kleinen Verlagen oder auch hin und wieder bei den Self.-Publishern wahre Perlen.
Ich empfehle da immer die Reihe der blauen Perle, die von Land zu Land reist 🙂 Aber die kennst du ja auch!
Herzlichen Dank für diese schöne Buchvorstellung unseres Schneemann&Hase-Büchleins. Meine Autorin hatte mir noch gar nichts davon erzählt. 😀 #zufallsfund
Eine klitzekleine Anmerkung möchte ich dazu machen: Wir haben uns bewusst für die einfache, getackerte Variante und gegen ein Hardcover entschieden, damit das Portemonnaie der Eltern nicht so stark belastet wird, gerade, wenn die Kinder nach dem Puppenspiel auch noch das Buch haben möchten. (In unserem Programm finden sich auch einige Hardcover im Kinder- und Bilderbuchbereich. Da wir aber öfter von Eltern hören: “So für zwischendurch ist uns das zu teuer!”, haben wir angefangen, mit günstigeren Varianten zu experimentieren. ;-))
Liebe Grüße!
Monika Fuchs
Danke für den netten Kommentar! Ja, in der Kombination mit dem Puppenspiel finde ich diese Variante auch sehr sinnvoll. Für die Kinder ist es schön, wenn sie dann auf diese Weise eine Erinnerung an so ein Erlebnis haben können.
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