Was macht AutorInnen erfolgreich?
Vor ein paar Tagen habe ich mir im Internet auf der Seite vom schwedischen Fernsehen SVT ein Interview mit Gunilla Bergström, der Autorin von Willi Wiberg (bzw. Alfons Ǻberg wie er im Original heißt) angeschaut. Und dabei habe ich mich gefragt, warum es so viele tolle Kinder- und Bilderbücher aus Schweden gibt, die Kinder seit Jahren begeistern, wobei ich in erster Linie an die Bücher von Astrid Lindgren und an die von Gunilla Bergström gedacht habe. Hinzu kommen dann natürlich noch Autoren wie Sven Nordqvist, Elsa Beskow, Barbro Lindgren und einige andere… Auf die möchte ich jetzt jedoch nicht eingehen, da ich mich mit diesen Autoren bisher nicht beschäftigt habe. Zurück also zu Astrid Lindgren und in diesem Fall zu allem zu Gunilla Bergström . Für mich gibt es mehrere Gründe für ihren Erflog.
Astrid Lindgrens Persönlichkeit hat mich schon seit langem beeindruckt und auch Gunilla Bergström war mir in dem Interview überaus sympathisch. Man konnte gut heraus hören, dass sie das, worüber sie schreibt ernst nimmt. Auf die Frage, ob sie mit ihren Büchern eine gewisse Verantwortung hätte, antwortete sie, dass sie sich selbst gegenüber ehrlich bleiben wolle. Durch ihre Bücher und insbesondere durch das Zeichnen der Bilder beantworte sie sich selbst Fragen über das Leben, die sie bewegen würden. Sie schreibt also über das wahre Leben, über existenzielle Dinge, über echte Probleme und Gefühle. Für sie gibt es grundsätzlich keine Tabuthemen für Kinder, auch der Tod dürfe in einem Kinderbuch behandelt werden. Und genau das ist es, was Kinder auch spüren. Es geht um Dinge, die sie wirklich interessieren und die etwas mit ihnen und dem Leben zu tun haben. Die Bücher sind authentisch und glaubwürdig, u.a. sicherlich auch dadurch, dass eben nicht alles pädagogisch perfekt ist, was Kritiker Gunilla Bergström natürlich vorwerfen. Was ist das für ein Kinderbuch, in dem der Vater Pfeife raucht? So jemand kann doch kein Vorbild für kleine Leser sein. Und dann bekommt Willi auch noch nach dem Zähne putzen ein Glas Saft. Unerhört! So gehen doch die Zähne kaputt! Wenn das jetzt alle Kinder nachmachen würden!
Meine Güte, man kann sich scheinbar über alles aufregen. Der Vater soll laut Gunilla Bergström gar kein Vorbild, sondern eine glaubhafte Person sein und Personen sind nun mal nicht perfekt. Auch Erwachsene haben ihre Fehler. Und meine Meinung zu diesen Kritiken ist, dass Bilderbücher Kinder auch nicht erziehen, sondern Spaß machen sollen. Außerdem gucken sich Kinder diese Bücher gemeinsam mit einem Erwachsenen an, so dass man über diese Dinge mit seinem Kind ja auch reden kann.
Übrigens war Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf natürlich noch viel mehr Kritik ausgesetzt. Nicht auszudenken auf was für Ideen Kinder durch so eine freche Göre kommen könnten! Zum Glück haben sich aber Eltern und vor allem die Kinder durchgesetzt – sie lesen was ihnen Spaß macht, was sie berührt und was sie etwas angeht! Und was irgendwelche Kritiker dazu sagen, ist ihnen dabei ganz egal.
Ähnlich wie Gunilla Bergström, die in ihren Büchern ihrer eigenen Suche nach dem, was das Leben ausmacht, nachgeht, schrieb auch Astrid Lindgren erst einmal für das Kind in sich. Vor ihr selbst mussten ihre Werke bestehen. Sie schrieben und schreiben für sich und erreichen damit ein großes Publikum, denn letztendlich haben alle Menschen ähnliche Fragen, Gefühle und Bedürfnisse.
Astrid Lindgren und Gunilla Bergström nehmen das Schreiben, die Menschen und die Kinder ernst. Sie sind neugierig auf das Leben und auf die Menschen. Gunilla Bergström sagt von sich selbst, dass sie sich für den Menschen interessiert. Sie möchte alles wissen, vor allem die Wahrheit, und das gibt sie an ihre Leser weiter.
Sowohl Astrid Lindgren als auch Gunilla Bergström haben aber auch die Schattenseiten des Lebens kennengelernt. Während Astrid Lindgrens Sohn in den ersten Jahren in einer Pflegefamilie aufwuchs und bereits viele Jahre vor ihr selbst verstarb, kämpft Gunilla Bergström mit Depressionen. Außerdem musste sie lernen, damit umzugehen, dass ihre Tochter eine Behinderung hat. Damals wusste man nur wenig über Autismus und Entwicklungsstörungen und so machte sie sich selbst Vorwürfe, wurde von anderen komisch angeguckt und konnte erst später einsehen, dass es das wichtigste ist, dass ihre Tochter glücklich ist und man die Dinge nicht nur von außen und nach irgendwelchen Normen beurteilen kann.
Solche Erfahrungen prägen. Sie prägen einen als Menschen, aber auch als Autoren, denn nur wer die verschiedenen Seiten des Lebens kennen gelernt hat, kann über das Leben auch authentisch schreiben.
Im Übrigen sagte Astrid Lindgren selbst, dass sie wohl auch ohne die Erlebnisse mit ihrem Sohn, eine Schriftstellerin geworden wäre, aber wohl keine berühmte…
Für mich steht jedenfalls fest, dass Astrid Lindgren und Gunilla Bergström interessante und sympathische Persönlichkeiten waren und sind und dass sie wunderbare Bücher für Kinder geschrieben haben, die nicht nur Generationen, sondern auch Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen miteinander verbinden. Denn sowohl die Bücher von Astrid Lindgren als auch die über Willi Wiberg werden schon seit vielen Jahren in den verschiedensten Sprachen und Ländern immer und immer wieder gelesen.
Jedem der schwedisch kann, kann ich das Interview mit Gunilla Bergström, welches noch bis nächstes Jahr im Internet verfügbar ist, empfehlen. Ich fand es jedenfalls sehr interessant.
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